Immer wieder hat Daniel Craig gesagt, dass er keinen neuen Bond-Film drehen will und tat es dennoch. Doch NO TIME TO DIE ist definitiv seine letzte Mission im Einsatz seiner Majestät. Der 25. Bond-Film beginnt für Bond (Daniel Craig) noch entspannt. Er möchte mit seiner Liebe Madeleine Swann (Léa Seydoux) seinen Ruhestand genießen. Doch dann taucht CIA-Agent Felix Leiter (Jeffrey Wright) auf und bittet ihn, einen entführten Wissenschaftler, Valdo Obruchev (David Dencik), zu retten. Doch die vermeintliche Rettungsmission entpuppt sich als Falle, die vom Lyutsifer Safin (Rami Malek) eingefädelt wurde. Safin verfügt über gefährliche neue Technologie, mit der man Menschen aufgrund ihres genetischen Codes umbringen kann. Um die Technologie schnellstmöglich wieder zu vernichten, muss Bond auch mit der neuen Doppel-Null-Agentin Nomi (Lashana Lynch) und der CIA-Agentin Paloma (Ana de Armas) zusammenarbeiten.
Nostalgie trifft Moderne
Wolfgang M. Schmitt und ich sind mal wieder nicht einer Meinung. Er bezeichnet die Bondfigur in NO TIME TO DIE in seiner Filmanalyse als → „Jammerlappen-Bond“. Sicherlich kann man NO TIME TO DIE vorwerfen, dass die Geschichte, die mit CASINO ROYALE begann, einen „runden Schluss“ bekam. Bond-Filme standen bis zur Pierce-Brosnan-Bond-Ära für abgeschlossene Actionabenteuer. Aber die Marvelisierung des Kinos machte eben auch vor Bond nicht Halt. Am Ende greift alles ineinander und passt zusammen. Ob das wirklich sein muss, kann man hier durchaus mal fragen. Leider finde ich auch in NO TIME TO DIE die Liebesbeziehung zwischen Bond und Madeline Swann nicht wirklich glaubhaft. Das liegt in erster Linie wieder an Daniel Craig und Léa Seydoux, die einfach keinerlei Chemie miteinander haben. Da haben Daniel Craig und Ana de Armas, die sich noch von den Dreharbeiten zu KNIVES OUT kennen, mehr Chemie – und die beiden haben sehr viel weniger Screentime zusammen.
007 ist nur eine Nummer
Dass der craigsche Bond wenig Wert auf die klassischen Gepflogheiten legt, wurde bereits in CASINO ROYALE deutlich, als der die ikonische Wodka Martini-Bestellung mit den Worten „Do I look like I give a damn?“ süffisant kommentierte. Auch NO TIME TO DIE beinhaltet eine gewisse Anti-Haltung gegenüber Flemings Bondvorlage. Dies manifestiert sich in erster Linie in Form von Nomi (Lashana Lynch), die den Job von Bond übernommen hat und immer wieder in Kompetenzgerangel mit dem 007-Agenten im Ruhestand gerät. Bei Nomi handelt es sich um die erste schwarze 007-Agentin. Auch wenn man hier den Vorwurf von Blackwashing im Raum stehen hat, finde ich es trotzdem gut, dass es überhaupt mal wieder eine schwarze Frau im Bond-Universum gibt, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt.
Farblose Bösewichter
Weder Rami Malek noch Christoph Waltz spielen besonders eindrucksvolle Bösewichter. Seltsam farblos wirken beide. Das liegt besonders daran, dass die Autoren ihnen nicht viel Motivation für ihre Handlungen mitgeben. Aber Bondfilme sind jetzt auch nicht für besonders tiefgründige Bösewichter bekannt. Es mag erstaunen, dass ich hier fast die volle Punktzahl vergeben habe, obwohl ich doch viel zu meckern habe. Aber der Punkt ist einfach: NO TIME TO DIE hat bei mir trotz aller berechtigten Kritikpunkte die richtigen Knöpfe gedrückt. Ich mochte das „runde Ecke“. Ich war permanent unter Hochspannung und von der Handlung eingenommen. Und ja, die Bösewichter waren nicht überzeugend, aber das müssen sie auch nicht sein. Es ist ein Bondfilm. Bond braucht halt einen Gegenspieler. NO TIME TO DIE ist ein würdiger Abschluss der craigschen Bond-Ära.
9.5/10