Seit geraumer Zeit habe ich ja keine große Lust mehr auf Marvelfilme, aber als ich den ersten Trailer zu WAKANDA FOREVER gesehen habe, war ich tatsächlich sehr beeindruckt und hatte große Lust auf den Film. Nach dem Kinobesuch ist dieser positive Ersteindruck dann etwas verflogen. Kurz zur Geschichte: König T’Challa stirbt an einer Krankheit und das Königreich ist in Trauer. Das vermeintlich geschwächte Königreich wird daraufhin immer wieder von anderen Staaten angegriffen, da sich Wakanda weigert dem Rest der Welt Zugriff auf die Vibraniumvorkommen zu geben. Doch Königin Ramonda (Angela Bassett) bleibt standhaft. Zur selben Zeit haben die USA mithilfe der 19 Jahre alten MIT-Studentin Riri Williams (Dominique Thorne) ein Gerät zur Aufspürung von Vibranium entwickelt. Mit Erfolg. Doch zum Bergen des kostbaren Materials kommen sie nicht, denn die gesamte Besatzung wird von Unbekannten attackiert. Der Verdacht fällt auf Wakanda, die aber jede Beteiligung abstreiten.
Trauerbewältigung – The Movie
Als Richard Harris, der Schauspieler von Albus Dumbledore, nach zwei Harry-Potter-Teilen verstarb, mussten sich die Filmemacher entscheiden, wie sie damit umgehen. Die Antwort war einfach: Michael Gambon wurde gecastet und übernahm die Rolle. Einen Einfluss auf die weiteren Teile hatte das in filmischer Sicht nicht mehr. Das absolute Gegenbeispiel zu solch britischer Zurückhaltung lässt sich in WAKANDA FOREVER bestaunen, denn hier hat der Tod von Chadwick Boseman auch tatsächliche Auswirkungen auf die filmische Realität. Der Film startet direkt mit dem Tod von T’Challa und dessen Beerdigung. Und auch der Rest des Films ist filmgewordene Trauerbewältigung. Immer wieder ist das Fehlen einer Identifikationsfigur Thema. Doppelt und dreifach wird es dem Publikum entgegengeschleudert ohne etwas Neues zu erzählen.
Verheizte Talente und Längen, die es nicht bräuchte
WAKANDA FOREVER ist mit seinen 2 Stunden und 41 Minuten Laufzeit schon relativ lang. Leider wird diese Zeit immer wieder mit Momenten gestreckt, die es eigentlich nicht bräuchte. So gibt es einen sinnfreien Mini-Plot mit Everett Ross (Martin Freeman), dem Wakanda-Experten im US-Außenministerium. Überhaupt hat man das Gefühl, dass hier Figuren in die Handlung hineingepresst werden, ohne Rücksicht auf Plausibilität. Dominique Thorne gerät als Riri Williams trägt kaum etwas zur Handlung bei. Am Ende bekommt sie dann auch noch einen IRON MAN-artigen Ganzkörperanzug und darf in einer Schlacht mitkämpfen, die überhaupt nichts mit ihr zu tun hat. Der einzige Grund, warum sie in diesem Film auftauchen muss, ist die Marvelserie IRONHEART, die im kommenden Jahr auf Disney+ erscheinen wird. Auch Lupita Nyong’o ist weitestgehend verschenkt, wenn man mal überlegt, wie absolut fantastisch diese Frau eigentlich spielen kann. Ihre Auftritte gleichen schon fast Cameo-Auftritten, so kurz sind sie.
Die Königin, die Prinzessin und der Unterwasserkönig
Fantastisch hingegen spielen Letitia Wright und Angela Bassett. Wenn letztere verzweifelt im Thronraum „I am Queen of the most powerful nation in the world! And my entire family is gone! Have I not given everything?“ herumschreit, kriegt man wirklich Gänsehaut. Auch Letitia Wright wirkt insbesondere in den ruhigen Momenten wahnsinnig stark. Schon kleine Gesten und Blicke sagen wahnsinnig viel aus. Tenoch Huerta kommt schauspielerisch gegen diese geballte Frauenpower nicht an, was aber sicher auch am relativ eindimensionalen Drehbuch liegt. Huerta bekommt einfach zu wenig zu sagen und zu wenig zu tun. Und Namor verhält sich einfach sehr sehr dumm (siehe → Pitch Meeting – Achtung, Spoiler!). Das gilt aber auch für das Königshaus in Wakanda. Ohne den Black Panther werden alle Entscheidungen aus einer Emotionalität heraus getroffen und nicht aus strategischen Gründen.
Der neue Black Panther wird die Welt nicht retten
Wie für Hollywoodfilme üblich, bietet auch WAKANDA FOREVER eine einfache Lösung für ein komplexes geopolitisches Problem. Die Lösung: Es braucht wieder einen neuen Black Panther. Dass die Person, die diese Rolle übernimmt, dafür aber allein schon charakterlich nicht geeignet ist und sich auch sehr untypisch für ihre Figur verhält, wird dabei komplett ausgeblendet. Ich fand auch tatsächlich das Aussehen des neuen Black Panther-Kostüms nicht sonderlich gut gelungen. Golden und silber? Pünktchen auf der Stirn? Für einen funktionalen Technologieanzug ist dieses neue Kostüm viel zu sehr auf Optik ausgelegt. Wie man es dreht und wendet: WAKANDA FOREVER ist einfach in jeglicher Hinsicht Mittelmaß. Eine Freundin meinte nach dem Kinobesuch „Der Film hatte schon so seine Momente.“ und das stimmt auch. Es gibt einzelne Momente, die stark, wuchtig und emotional waren. Aber ein paar 5-Minüter tragen einfach keinen über 2-stündigen Film.
6.5/10
Danke für die Vorstellung des Actionfilms „“Black Panther: Wakanda Forever (2022)“. Danke für eure Arbeit. Ich finde diesen Artikel wirklich informativ und habe ihn mit Spannung gelesen.
Hallo Tobias,
„eure Arbeit“ ist meine Arbeit. Ich mach das hier alleine. 🙂