Als einer der wenigen deutschen Vertreter im Wettbewerb der 65. Berlinale gefeiert, wich doch recht schnell die Euphorie bei Kritikern und Publikum. Dies lag zum einen daran, dass der Wettbewerb in diesem Jahr einen insgesamt recht wechselhaften Eindruck machte, zum anderen gab es mit VICTORIA dann doch noch einen Beitrag welcher für allgemeine Verzückung sorgte und somit alle anderen deutschen Filme in den Schatten stellte. Und so war die Romanverfilmung von Clemens Meyers gleichnamigen Roman dann doch nicht der große Wurf. Im Leipzig der Nachkriegsjahre feiern und randalieren die Freunde Dani (Merlin Rose), Mark (Joel Basman), Rico (Julius Nitschkoff), Pitbull (Marcel Heupermann) und Paul (Frederic Haselon). Nicht nur mit dem Erwachsenwerden, sondern auch mit der Umstellung auf ein neues Wirtschaftssystem müssen die Jungs fertig werden. In ihrem jugendlichen Leichtsinn gründen sie die Techno-Disko „Eastside“ und legen sich mich den „Glatzen“ an. Als sich dann Dani in Sternchen (Ruby O. Fee) verliebt, ist der Ärger vorprogrammiert.
Nazis in der Techno-Disko
Die Romanverfilmung von Andreas Dresen verknüpft zwei Zeitebenen, die sprunghaft immer wieder wechseln. Neben der Wendezeit bietet der Film Rückblicke in die Pionierzeit der Jungs. Diese Rückblicke bringen effektiv aber überhaupt keinen Mehrwert, sie verwirren häufig eher. Hier wäre die Möglichkeit gewesen zu erzählen, wie die Jungs beste Kumpel geworden sind, aber hier sieht man eine nicht ernstgenommene Notfallübung („Was ist mit meinem Bauchschuss?“) und hört Pioniergedichte. Immer wieder werden grelle Kapitelüberschriften eingeblendet, die völlig unnötig sind, da die Überschriften später im Dialog oder Voice-Over genannt werden. Ferner unterteilen sie den Film in kleine Stücke anstatt den Film als Ganzes zu präsentieren. Zu loben ist der Soundtrack samt Titeltrack →“A new error„, der die jugendliche Rebellion perfekt verkörpert.
Neben diesen kleinen Schönheitsfehlern sind das größte Problem aber die Figuren. Sie nehmen Drogen, zerstören und klauen, und dann helfen sie auch wieder einer Frau, die von ihrem Ehemann verprügelt wird. Diese Diskrepanz aus anarchischer Jugend und braven Bürgertum wird nie ganz aufgehoben. Der Film wertet nicht. Er verurteilt die kriminellen Machenschaften der Gang nicht. Auch wenn es in Presseheften und sonstiger Berichterstattung heißt, der Film handle von den Träumen einer desillusionierten Jugend, so erfährt man wenig von den Träumen und Wünschen. Es fällt daher schwer sich in die Figuren einzufühlen und ihre Motivation nachzuvollziehen. Einzelne Szenen sind schlecht gespielt und klingen aufgesagt. Ein besonders klägliches Beispiel ist die Szene, in der Sternchen ihren Dani, der verprügelt wurde mit einem halbherzigen „Du Armer!“ tröstet. Die Haltlosigkeit der Jugend wird zur Haltlosigkeit des Zuschauers. Man erkennt keine Charakterentwicklung und so ist alles nur ein langatmiger Rausch, der ohne Ziel im Nirgendwo endet.
Dann doch lieber in die Disko (3/6)
Trailer: © Pandora Filmverleih
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