Fortsetzungen sind meistens Schrott. Es gibt allerdings auch großartige Ausnahmen wie A QUIET PLACE 2, der mindestens genauso gut ist wie sein Vorgänger. Dreh- und Angelpunkt ist wieder die Familie Abbott. Nachdem der Vater von den geräuschempfindlichen Aliens getötet wurde, muss das Leben weitergehen. Evelyn (Emily Blunt) schnappt sich das Baby und ihre Kinder Regan (Millicent Simmonds) und Marcus (Noah Jupe) und verlässt die Ranch. An den unheimlichen Zuständen in der postapokalyptischen Welt hat sich nichts geändert: Die geräuschempfindlichen Biester machen nach wie vor Jagd auf alles, was Geräusche macht. Die Abbotts versuchen weiterhin ein halbwegs normales Leben zu führen. Als sie den Überlebenden Emmett (Cillian Murphy) treffen, gerät das Familiengefüge ins Wanken. Während die einen in die Offensive gehen und die Aliens ein für alle Mal bekämpfen möchten, ziehen sich die anderen aus Angst immer mehr zurück.
Worldbuilding
John Krasinksi kann einfach Geschichten erzählen. Es war auch wirklich eine nette Geste von ihm nochmal in einer Rückblende „zurückzukommen“, obwohl sein Charakter in A QUIET PLACE ja eigentlich das Zeitliche segnet. Und diese Rückblende wirklich auch nicht aufgesetzt oder zu gewollt, sondern fügt sich stimmig ins Gesamte ein. Denn in A QUIET PLACE 2 geht es vor allen Dingen um Worldbuilding. Während sich im Vorgänger nahezu alles auf der Farm und innerhalb der Familie Abbott abgespielt hat, geht es jetzt hinaus in die Welt. Und dort treffen die Abbotts auf einen alten Bekannten – Emmett, absolut großartig verkörpert von Cillian Murphy. Obwohl Murphy eigentlich gar nicht so viel Text hat und vieles über Mimik und Gestik erzählt, ist er eine sinnvolle Ergänzung in der Geschichte. Während Evelyn ihre drei Kinder noch bei sich hat, hat Emmett seine Familie an die Aliens verloren und ist dementsprechend desillusioniert. Während die Abbotts einen gewissen Zweckoptimismus an den Tag legen, bildet Emmett hier den negativen Gegenpart.
Empowerment von Kindern und Jugendlichen
Was sich wirklich durch den ganzen Film zieht, ist die Zielstrebigkeit der jungen Generation im Vergleich zu der Ernüchterung, die sich mittlerweile bei den Erwachsenen breitgemacht hat. Cillian Murphy als verbitterten Mann habe ich ja gerade schon erwähnt. Aber auch Evelyn ist wahnsinnig vorsichtig und passiv. So versteht sie es auch nicht, dass sich Regan von ihr emanzipieren und ihren eigenen Weg gehen will. Regan versucht die Welt zu verbessern, während Evelyn „auf Nummer sicher“ gehen will. Parallelen zur Fridays for Future-Bewegung oder anderen Graswurzelbewegungen lassen sich da durchaus ziehen. Es ist zudem bezeichnend, dass die letzten Szenen des Films zwei Kinder zeigen, die es mit den Monstern selbstständig aufnehmen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch noch die großartige Millicent Simmonds, die mich wirklich total umgehauen hat. Regan ist eine fantastische, stoische Figur, die man gerne auf ihrem Weg begleitet.
Egoismus vs. Altruismus
Immer wieder müssen Entscheidungen getroffen werden, die entweder der einzelnen Person und ihrer sozialen Gruppe helfen oder die für alle Überlebenden gleichermaßen hilfreich sind. Auch wenn beides seine Berechtigung hat und auch beides im Film vorkommt, schlägt sich doch der Film mehr auf die Seite des Altruismus. Anhand einer Geschichte erzählt der Film auch sehr plakativ, warum Egoismus im Falle einer weltweiten Bedrohung äußerst dumm ist. Emmett trifft irgendwann auf einen Mann (Djimon Hounsou), der sich auf eine Insel zurückgezogen hat. Er erzählt, dass die Nationalgarde irgendwann herausgefunden habe, dass die Aliens nicht schwimmen können. Also habe man 12 Boote fertiggemacht um die Menschen auf eine Insel vor der Küste zu bringen. Es gab allerdings ein Gedränge und viel Geschrei (was natürlich die Aliens angelockt hat) und so kamen letztendlich nur zwei Boote auf der Insel an. Was für eine Parabel!
Was für eine Atmosphäre!
Die gruselige Atmosphäre, die der Film bereits im Vorgänger aufbauen konnte, wird auch hier wieder großartig in Szene gesetzt. Die Locations und Sets strahlen allesamt eine gewisse Trostlosigkeit aus. Die Aliens sehen auch im zweiten Teil herrlich gruselig aus. Großes Lob geht abermals an alle beteiligten Tontechniker und Marco Beltrami, der hier einen ruhigen und dennoch wuchtigen Soundtrack geschaffen hat. Im letzten Drittel hat der Film einige Längen, aber das große Finale macht vieles wieder wett. Ich bin ja eigentlich die Letzte, die nach Fortsetzungen schreit, aber eine Fortsetzung vom A QUIET PLACE 2 ist nach diesem Cliffhanger eigentlich unvermeidlich. Los, Kransinski, mach’s nochmal! 😉
8.5/10
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