Regisseur Miguel Sapochnik hat mit FINCH einen netten kleinen Science-Fiction-Film inszeniert, der weit mehr bietet als düstere Zukunftsvisionen. In der post-apokalyptischen Welt von FINCH hat die Sonne die Erde in eine lebensfeindliche Wüste verwandelt. Die wenigen Überlebenden der Katastrophe kämpfen verzweifelt um die letzten Ressourcen. Der brillante Ingenieur Finch Weinberg (Tom Hanks) hat sich mit seinem Hund in einen unterirdischen Bunker zurückgezogen. Die extreme Hitze an der Oberfläche macht ein normales Leben unmöglich. Als sich Finchs Gesundheitszustand zunehmend verschlechtert, entwickelt er einen humanoiden Roboter. Dieser soll nach seinem Tod die Verantwortung für seinen geliebten Hund übernehmen.

Gut geklaut
FINCH ist in erster Linie ein Familienfilm und deshalb darf man hier jetzt auch nicht tiefgreifende Dialoge über die Interaktion zwischen Mensch, Roboter und Tier erwarten. Der Film verzichtet bewusst auf komplexe philosophische Diskurse über künstliche Intelligenz. Stattdessen konzentriert er sich auf die emotionale Entwicklung seiner Charaktere. Der Film hat mich an vielen Stellen an den Animationsfilm WALL-E erinnert. Das liegt in erster Linie an den sandüberzogenen Landschaften, der lebensfeindlichen Atmosphäre, Stromerzeugung durch Sonnenkollektoren, überraschenden Sandstürmen, vor denen man sich in Sicherheit bringen muss, und eine gewisse Pixar-Ästhetik. Das kann man jetzt natürlich einfallslos finden, allerdings: gut geklaut ist besser als schlecht kopiert. Besonders gelungen ist die Animation des Roboters Jeff (Motion Capture von Caleb Landry Jones), der trotz roboterhafter Mimik und Gestik erstaunlich menschlich wirkt. Ein paar Logiklöcher kann man auch noch finden, aber wer einfach einen entspannten Tom-Hanks-Film erwartet, bekommt genau das präsentiert.

Kleiner Cast, große Wirkung
Wenn es eine Botschaft in diesem Film gibt, dann vielleicht, dass der Mensch nicht allein sein kann und ein soziales Wesen ist. Finch betont immer wieder, dass man Menschen nicht trauen könne, denn wenn es um Nahrung gehe, dann werde jeder zum Mörder. Auf der anderen Seite schafft sich Weinberg ein Umfeld einschließlich Tier und AI-Roboter, mit dem er interagieren kann. Tom Hanks nimmt man die Rolle des eigenbrödlerischen Ingenieurs total ab. Der Oscar-Preisträger hat schon in CAST AWAY bewiesen, dass er auch mit minimaler Interaktion großes Kino schaffen kann. In FINCH überzeugt er als wortkarger Erfinder, der trotz seiner Menschenscheu eine tiefe Sehnsucht nach Gemeinschaft verspürt.

Gemeinsam einsam
Die zentrale Botschaft von FINCH berührt eine grundlegende menschliche Wahrheit: Niemand kann dauerhaft allein existieren. Finch Weinberg hat zwar sein Vertrauen in die Menschheit verloren, schafft sich aber mit seinem Hund und dem Roboter eine Ersatzfamilie. Besonders eindrücklich wird dies in den Szenen, in denen Finch seinem Roboter etwas beibringt und was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Die Entwicklung ihrer Beziehung erinnert dabei an ein klassisches Vater-Sohn-Verhältnis. Während der Roboter zunächst noch unbeholfen durch die Gegend stolpert, wächst er nach und nach in seine Rolle hinein. Trotz seines düsteren Settings hat der Film eine optimistische Grundstimmung. Sapochnik hat mit FINCH einen berührenden Film geschaffen, der unterhält und auch ein bißchen ans Herz geht.
8/10
Der Film FINCH ist exklusiv über den Streamingdienst Apple TV+ zu sehen.