Der Roman von Mary Shelley wurde inzwischen unzählige Male adaptiert und interpretiert. Die Geschichte über den verrückten Wissenschaftler, der totes Fleisch zu einem lebendigen Organismus zusammenfügte, findet immer wieder den Weg auf die Theaterbühnen, große und kleine Leinwände. Am 22. September 2016 erscheint nun die neuste Version des Stoffs auf DVD und Blu-Ray. Paul McGuigans Interpretation ist ein buntes Potpourri aus der literarischen Vorlage, aber auch aus filmischen Referenzen. Hier trifft der Medizinstudent Victor Frankenstein (James McAvoy) auf einen namenlosen Buckligen (Daniel Radcliffe), als er den Zirkus besucht. Der Buckelige arbeitet im Zirkus als Clown. Von seinen Kollegen wird er schikaniert, da er sich für die Anatomie des Menschen interessiert. Und auch für die Akrobatin Lorelei (Jessica Brown Findlay), die bei ihrer Nummer stürzt. Durch sein Wissen kann der Buckelige Lorelei retten und Frankenstein wird auf ihn aufmerksam. Victor befreit den Buckeligen kurzerhand aus dem Zirkus, heilt ihn von seiner körperlichen Anomalie und nimmt ihn als Assistenten bei sich auf. Der Buckelige bekommt den Namen Igor. Victor und Igor arbeiten zusammen an der Unsterblichkeit der Menschheit. Hierfür brauchen sie aber Leichenteile, was bald den gottesfürchtigen Inspektor Turpin (Andrew Scott) auf den Plan ruft, der die Fälle untersucht. Für ihn ist Frankensteins Vorhaben Blasphemie, welches er mit allen Mitteln bekämpft. Doch Victor ist nach einem ersten Erfolg davon besessen einen künstlichen Körper mit Leben zu füllen und findet dabei in dem reichen Finnegan (Freddie Fox) einen Gönner. Doch Igor kommen immer mehr Zweifel an Victors Handeln.
Religion gegen Wissenschaft
Darf man wirklich alles Menschenmögliche tun, einfach nur, weil es geht? Oder sollte die Wissenschaft auch immer gewissen ethischen Grenzen unterliegen? Es ist der alte Kampf der Institutionen, der sich in den Figuren von Inspektor Turpin und Victor Frankenstein manifestiert. Auch wenn Andrew Scott großartig spielt, bleibt bei seiner Figur ein gewisser Restzweifel. Gerade ein Mann, der vor kurzem seine Frau verloren hat, müsste doch einen gewisses Level an Empathie für Frankensteins Wunsch nach Unsterblichkeit hegen. Doch er bleibt knallhart. Zudem taucht Turpin auch immer in den wichtigen Momenten auf, immer dann, wenn Frankenstein mal wieder einen ebenbürtigen Gegenspieler braucht. (In meinen Notizen zum Film steht mehrfach der Begriff „Moriarty ex Machina“.) James McAvoy spielt dagegen den Archetypen eines verrückten Arztes, dessen Ego und Größenwahn ihm im Weg stehen. Die Stimmungsschwankungen, die McAvoy seinem Frankenstein verpasst, sorgen für eine gute Dynamik mit Daniel Radcliffes Figur, die permanent zwischen Dankbarkeit gegenüber seinem Retter und dem Zweifeln an dem gemeinsamen Vorhaben schwankt.
Mut vonnöten
Der Film hätte durchaus mutiger sein können. Besonders die erste Hälfte macht durchaus gute Laune. Aus der Ich-Perspektive erzählt Igor wie er auf Victor traf und wie er seinen Namen bekommen hat. Dabei werden die literarische Vorlage und Referenzen zu Frankenstein-Filmen (wie etwa die Figur des Igor) miteinander vermischt. Die Freundschaft und der Wissensdurst der beiden Protagonisten wird gut porträtiert. Man spürt die Sympathie zwischen McAvoy und Radcliffe, die ein dynamisches Duo abgeben. Bloß leider ändert sich diese Dynamik in der zweiten Hälfte. Hier wird die ganze Frankensteins-Monster-Thematik im Eiltempo abgefrühstückt. Es wäre spannender gewesen, hätte McGuigan auf die Erschaffung des Monsters verzichtet oder diese zumindest nur am Rande erwähnt, denn so verlagert sich der Fokus der Freundschaft plötzlich auf das Monster. Und das sieht eklig aus. Es geht also mehr um die Schauwerte als um einen innovativen neuen Ansatz. Auch die Liebelei mit Lorelei, die als ein Bruch in der Freundschaft zwischen Igor und Viktor fungiert, ist Narration nach dem Schema F. Da trösten dann auch nicht die großartige Ausstattung und die Kostüme darüber hinweg.
(4/6)
Trailer: © 20th Century Fox
*Movie opens with Igor narrating*
Igor: „You know this tale“.
*MOVIE CUTS TO THE END CREDITS*
Die Zusammenfassung des Films von Red Letter Media kam mir auch in den Sinn.
Max Landis hat sich ja von dem Film distanziert, als Drehbuchautor hat man es wohl auch nicht leicht. Der Film ist eine einzige Katastrophe, dagegen wirkt I, Frankenstein fast wie ein richtiger Film. Mary Shelley rotiert bestimmt in ihrem Grab. James McAvoy und Daniel Radcliffe hätten sich eigentlich überhaupt keine Mühe beim Schauspiel geben müssen, denn der Rest des Films ist schlecht, dass es bei McAvoy lächerlich wirkt und bei Radcliffe untergeht. Der Film hat eine gute Idee und zehn Schlechte. Für mich eine klare 1/10 und der wohl schlechteste Hollywoodfilm des Jahres.