Als das Licht wieder anging, machte sich bei mir Ernüchterung breit. Dreizehn Oscar-Nominierungen hat THE SHAPE OF WATER bekommen und da hatte ich dann doch einen Film auf dem gleichen qualitativen Level wie THREE BILLBOARDS erwartet. Das ist Guillermo del Toros neuster Kinofilm nach CRIMSON PEAK leider nicht. Del Toros Protagonistin Elisa (Sally Hawkins) ist stumm.
Während des Kalten Krieges arbeitet sie zusammen mit Freundin Zelda (Octavia Spencer) in einem amerikanischen Hochsicherheitslabor. Kurz darauf wird ein neues Exponat in das Labor verbracht. Der Leiter der Einrichtung Richard Strickland (Michael Shannon) untersucht es kurz darauf und verliert dabei zwei seiner Finger. Elisa hingegen freundet sich mit dem Fischwesen (Doug Jones) an. Ihre Gefühle für den in Gefangenschaft geratenen Amphibienmann werden zunehmend stärker und sie plant zusammen mit ihrem Nachbarn Giles (Richard Jenkins) ihren Freund zu befreien. Doch das Militär und Laborleiter Strickland sind den beiden auf den Fersen.
Elisa, was willst du nur?
Knackpunkt von THE SHAPE OF WATER ist hier tatsächlich die Motivation der Figuren. Insbesondere Sally Hawkins’ Elisa kann nicht genau vermitteln, was sie genau an dem Fischwesen fasziniert. Die einzige Begründung, die sie im Film liefert, ist, dass das Fischwesen ihren Mangel (die fehlende Sprache) nicht sieht. Das erklärt allerdings nicht die schnelle Freundschaft der beiden ungleichen Charaktere.
Auch die Tatsache, dass Elisa die Wildheit des Amphibienmannes völlig ausblendet – schließlich weiß sie um Stricklands fehlende zwei Finger -, spricht für eine gewisse Naivität. Dem gegenüber steht dann wieder eine Szene, in der sie angibt, Angst vor den Konsequenzen zu haben, und wieder eine Szene, in der sie dem Laborleiter in Zeichensprache “Fuck you” buchstabiert. Elisa ist in ihrem Handeln äußerst wechselhaft und trifft ungewöhnliche Entscheidungen. Eine davon betrifft ihr Badezimmer, das sie bis unter die Decke unter Wasser setzt um mit ihrer großen Liebe zu planschen. Wenn man mal wirklich ernsthaft darüber nachdenkt, ergeben sich zahlreiche Logiklöcher.
Die Handwerks-Oscars wären verdient
Handwerklich kann man del Torro und seinem Team absolut keinen Vorwurf machen. Das Setdesign – die sterile Forschungseinrichtung, die heimelige Wohnung von Elisa, das kunstvolle Atelier von Nachbar Giles – ist atemberaubend schön.
Auch das Makeup von Doug Jones, der unter den vielen Schichten kaum zu erkennen ist, mit phosphoreszierender Farbe bemalt wurde und jeden Tag drei Stunden in der Maske verbrachte, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Hingucker. Für die Ohren gibt es auch etwas. Alexandre Desplat hat wieder einmal einen verträumten Soundtrack komponiert, der den märchenhaften Charakter der Geschichte unterstreicht und wie ein akustisches Schaumbad klingt. Auch die Kamera von Dan Laustsen ist absolut oscarverdächtig. Doch leider kann die ganze handwerkliche Exzellenz in THE SHAPE OF WATER nicht die Mängel in der Geschichte ausgleichen.
4/6 bzw. 7/10
Trailer: © FoxKino
Ah, schön, dass du den Film auch inhaltlich nicht auf demselben Level wie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ siehst!
Gott sei Dank. Die Ernüchterung nach diesem Film hat auch andere getroffen. Da bin ich aber beruhigt. Gerade die Punkte der Motivation kann ich super nachvollziehen. Das war mir auch nichts halbes und nichts ganzes. Von allen Charakteren in diesem Film fand ich ihren Nachbarn Giles am interessantesten. Der hatte wenigstens eine gute Geschichte. Ansonsten finde ich den Film dann auch arg überbewertet. Es ist ein guter Film, aber am Ende keine 13 Nominierungen wert – vor allem nicht im Erzählerischen.
Das del Toro Bilder kann, wissen wir ja. Das es wieder einmal an der Geschichte an sich krankt, ist ja bereits bei „Crimson Peak“ leidvoll ersichtlich geworden. Scheint ein Manko bei del Toro zu sein.