Lust auf ein Stück historisches Melodram? Bittesehr. Dann ist MEINE COUSINE RACHEL vielleicht genau das Richtige. Der Film ist schon der zweite Spielfilm des Stoffes, nachdem im Jahr 1952 bereits Richard Burton und Olivia de Havilland die beiden Hauptrollen verkörperten. Burtons Part übernimmt dieses Mal Sam Claflin, den die meisten wohl als Finnick Odair aus dem HUNGER GAMES -Franchise kennen. Für Philip Ashley (Sam Claflin) bricht eine Welt zusammen, als er erfährt, dass sein Cousin und Vormund Ambrose Ashley in Italien gestorben ist.
Ambrose hatte seiner Gesundheit wegen die Reise in das wärmere Land auf sich genommen. Aus einem Brief erfährt Philip kurz darauf von dessen Hochzeit mit einer gewissen Rachel (Rachel Weisz). Wenig später erhält er aber weniger liebevolle Zeilen. Rachel mache Ambrose das Leben zur Hölle, schreibt er. Nach dem Tod von Ambrose vermutet Philip, dass die angeheiratete Cousine ihre Finger im Spiel hatte. Kurz darauf taucht Rachel in England auf und Philip kann die Frau nicht abweisen – vor allem deshalb nicht, weil die verarmte Witwe nichts von ihrem Ehemann geerbt hat, sondern dieser in seinem Testament alles Philip vermacht hat. Je länger Rachel in seinem Haus ist, desto mehr stellt er seine anfänglichen Rachegelüste gegen sie infrage. Unter den besorgten Augen seines Paten Nick Kendall (Iain Glen), dessen Tochter Louise (Holliday Grainger) und den Hausangestellten entwickelt Philip Gefühle für Rachel.
Did she or didn’t she?
„Sein oder Nicht-Sein?“ fragte Shakespeare. „War sie es oder war sie es nicht?“ fragt man sich bei MEINE COUSINE RACHEL. Und die Frage wird auch nicht abschließend beantwortet. Hat Rachel ihren Mann vergiftet um an sein Vermögen zu kommen und ein schönes Leben zu haben? Der Film liefert immer wieder Anhaltspunkte dafür und dagegen. Die Frage hängt die ganze Zeit im Raum.
Jede Bewegung, jede Geste von Rachel wird jetzt analysiert. Wie sie die Menschen für sich einnimmt, wie sie den Tee zubereitet und wem sie diesen überreicht. Alles bekommt eine Bedeutung. Und selbst als Philip noch gar nicht mit Rachel zu tun hat, gelingt es Roger Michell bereits ihren Geist einzufangen. Und so ist Rachel von Beginn an Teil der Geschichte, auch wenn Rachel Weisz erst später überhaupt in Erscheinung tritt. Den Zweifel über ihre Figur kann Weisz auch von Anfang bis Ende aufrecht erhalten. Man wird nie so recht schlau aus ihrer Figur und das macht den Reiz (der Buchvorlage und) des Films aus.
Philip und seine Motive
Sam Claflin gelingt es dagegen bei weitem nicht die Gefühle für seine Cousine plausibel herüberzubringen. Manche Szenen sind unglaublich stark, bei anderen saß ich mit gerunzelter Stirn davor und habe seine Motivation infrage gestellt.
Ein Aspekt, den er gut herausspielen kann, ist die jugendliche Torheit. Geblendet von der ersten Liebe will Philip sein ganzen Hab und Gut seiner Cousine vermachen. Auch wenn ihn langjährige Freunde warnen, bleibt er bei seiner Haltung. Ich persönlich hatte große Sympathien für Iain Glens Figur, die immer genauso bedröppelt daneben steht und versucht den jungen Mann zur Vernunft zu bringen. Gelungen sind ebenfalls die Ausstattung und die Kostüme, besonders die Kleider von Rachel Weisz sind eine Augenweide. Gedreht wurde neben Italien vorrangig in England. Genauergesagt im → West Horsley Place. Das uralte und unter Denkmal stehende Gebäude ist eine tolle Location für dieses über weite Strecken doch packende Drama, dass im letzten Drittel allerdings einige Längen aufweist. Ob MEINE COUSINE RACHEL ein gelungenes Remake ist, kann ich nicht sagen, da ich die Erstverfilmung nicht kenne. Wer allerdings ein Faible für Romanverfilmungen dieser Art hat, wird von der starken Leistung von Rachel Weisz begeistert sein.
4.5/6 bzw. 7.5/10
Der Film erscheint am 25. Januar 2018 auf DVD, Blu-Ray und VoD. Zur Erstellung der Kritik wurde mir von 20th Century Fox freundlicherweise ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf meine Wertung.
Trailer: © 20th Century Fox
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