Jetzt ist es offiziell. Disney hat keine eigene Ideen mehr. In den letzten Jahren haben ja bereits die Realverfilmungen von Disney-Cartoons (z.B. MALEFICENT) den Innovationsstau beim Mickey-Maus-Konzern angedeutet. Jetzt scheint es auch die Animationsabteilung, die zuletzt noch mit DIE EISKÖNIGIN einen beliebten Klassiker schuf, erwischt zu haben. Bei Disney hat man sich wohl gefragt: „Wo läuft es im Moment wie am Schnürchen? Bei Marvel natürlich. Also warum nicht dort mal nachfragen?“ Und nachdem seit 2009 die Marvel Studios zu Disney gehören, stand der Zusammenarbeit auch nichts mehr im Wege. Die vom dem gleichnamigen Comic adaptierte Geschichte spielt in San Fransokyo, einer pulsierenden Megacity. Dort lebt der 14-jährige Hiro, der bereits mit 13 die High School abgeschlossen hat, aber lieber an illegalen Roboterkämpfen teilnimmt anstatt sein Interesse für Technik besser zu nutzen. Sein Bruder Tadashi arbeitet als Wissenschaftler am Technischen Institut der Universität und nimmt ihn kurzerhand mit zur Arbeit um ihm die Möglichkeiten eines Studiums aufzuzeigen. Im Labor lernt Hiro schließlich Tadashis Arbeitskollegen kennen: die Chemieexpertin Honey Lemon, die coole und actionbegeisterte Gogo Tomago, der Martial-Arts-Experte Wasabi und das „Maskottchen“ Fred, der gar nicht an der Hochschule studiert, aber trotzdem immer dort herumhängt. Tadashi zeigt Hiro auch sein Forschungsprojekt: Baymax, einen Roboter, der das Gesundheitswesen revolutionieren könnte. Hiro ist daraufhin fest entschlossen zu studieren. Doch bei einem Feuer auf dem Campus kommt sein Bruder ums Leben. Alle sind schockiert und traurig. Als sich Hiro den Fuß stößt, aktiviert er versehentlich den Gesundheitsroboter, der ihm fortan nicht mehr von der Seite weicht. Die beiden kommen einem Komplott auf die Schliche und entlarven den Dieb, der Hiros Erfindung, sogenannte Mikrobots, gestohlen hat.
Hero mit Herz
Der Film beginnt mit einer atemberaubenden Stadtansicht von San Fransokyo, eine visuelle Fusion aus San Francisco und Tokyo, die in 3D natürlich noch viel besser zur Geltung kommt. BAYMAX ist zudem auch der Animationsfilm mit den meisten Figuren. Mit einer neuen Software war es möglich ganze Menschenmassen zu animieren und so sind 670 individuelle Charaktere zu sehen, was interner Disney-Rekord ist. Wie bei Disney-Animatoren üblich, enthält das Werk auch wieder zahlreiche Eastereggs, die entweder auf andere Disney- oder Marvelfiguren verweisen. Es dauert eine Weile bis die Geschichte in Schwung kommt, weil wirklich jede der Haupt- und Nebenfiguren erst einmal vorgestellt werden muss. Und dann ist es teilweise so rasant, dass man gerne zwischendrin mal auf Pause drücken möchte oder sich eine entspanntere Szene wünscht. Baymax sorgt besonders durch die knuffige Optik für den Süßheitsfaktor. Auch wenn er optisch eher einem Michelin-Männchen gleicht, so haben sich die Animatoren von kleinen Pinguinen (langer Torso, kurze Beine) zu Baymax inspirieren lassen. Er ist naiv und unvoreingenommen und verhält sich bei niedrigem Akkustand wie ein Betrunkener. Die laut ausgesprochenen Arbeitsaufträge („Ich lasse Luft entweichen“, „Scan abgeschlossen“), auf die Hiro häufig mit Unverständnis reagiert, sorgen für weitere Lacher. Auch die gelegentlichen Point-of-view-Ansichten geben Einblicke in Baymax‘ Innenleben. Sychronsprecher Bastian Bastewka verkörpert all das perfekt. Weniger gelungen ist dagegen die deutsche Sychronisation von Wasabi. Aus irgendeinem unbegreiflichen Grund spricht die Figur mit einem norddeutschen (Berliner?) Akzent, was so gar nicht passt.
Logiklöcher und Filmreferenzen
Leider erinnert der Film häufig zu sehr an andere Filme: Die illegalen Botfights kennt man aus REAL STEEL, die ersten Flugszenen sah man bereits in DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT und auch Vergleiche mit TRANSFORMERS bleiben nicht aus. Mit letzterem hat BAYMAX auch die zahlreichen Logiklöcher gemein, die der starken Fokussierung auf Gags und Action geschuldet sind. Wird zu Beginn noch erklärt, dass Baymax immer mal wieder an die Steckdose angeschlossen werden muss, damit sich sein Akku auflädt, kämpft er am Ende stundenlang ohne Probleme. Desweiteren ist beispielsweise die Szene aus dem Trailer, in der Baymax einem Ball nachläuft, gar nicht im Film enthalten. Dort möchte er einem Schmetterling nachlaufen, wird aber von Hiro gestoppt. Wie für Marvel-Filme üblich, gibt es natürlich wieder einen kurzen Film nach den Credits, in dem sich Stan Lee in der Rolle als Freds Vater als Geheimagent entpuppt. Alles in allem ist BAYMAX knalligbunter Disney-Spaß für die ganze Familie.
Quietschbunte Kinderaction (4.5/6)
Bilder und Trailer: ©2014 Disney. All Rights Reserved.
Ich hab den Film auch gestern gesehen, ohne 3D allerdings, ich fand ihn in Ordnung. Mir war er auch ein wenig zu hektisch und zu unlogisch hier und da, aber im Großen und Ganzen ein unterhaltsamer Animationsfilm 😉