Fake News. Ein Begriff, ein Vorwurf, ein Angriff auf die freie Presse. Das wissentliche Verbreiten von Falschnachrichten. DER MOMENT DER WAHRHEIT (OT: TRUTH) behandelt einen Graubereich im Journalismus. Es geht um Journalisten, die eine unsauber recherchierte Geschichte veröffentlichen. Es geht um den Fall von Mary Mapes. Die Produzentin (Cate Blanchett) recherchiert zusammen mit ihrem Team über den Aufnahme des späteren US-Präsidenten George W. Bush in der Nationalgarde. Dort konnte er aber von seinen Vorgesetzten nicht beurteilt werden, weil er über ein Jahr keinen Dienst geleistet hat. Das besagen zwei Schreiben, die Mary von einem Informanten erhält. In der CBS-Sendung 60 MINUTES werden die als Beleg für Bushs Verfehlung durch den Moderator Dan Rather (Robert Redford) präsentiert. Doch schon bald kommen Zweifel an der Echtheit der Dokumente auf. Mary, Dan und das restliche Team werden von ihren Vorgesetzten gefeuert. 2004 gibt es eine Untersuchung, die herausfinden soll, wie es zu der Falschmeldung kam.
Journalisten als Menschen
Das Kino liebt die Heldengeschichten der heroischen Journalisten, die einen Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche aufdecken (SPOTLIGHT) oder die Pentagon-Papiere im Jahr 1971 veröffentlichen (THE POST). Der Fall von Mary Mapes ist da schwieriger einzuordnen. Die Frau, die 2004 zusammen mit ihrem Team den renommierten Peabody-Award für die Veröffentlichung über Misshandlungen von Gefangenen im Abu Ghraib-Gefängnis bekam, wurde im Jahr darauf gefeuert. Ich halte weder den englischen Originaltitel noch die Eindeutschung für besonders gelungen. Es geht weniger um die Wahrheit, sondern eher dafür, was man für die Wahrheit hält. Es geht um das Verrennen in eine Idee, das Ausblenden von Tatsachen, die das Gedankenkonstrukt zum Einsturz bringen könnten. Der Film zeigt den Journalisten nicht als diesen Übermenschen, der einen Skandal aufdeckt. TRUTH holt den Journalisten von dem Sockel herunter, auf den er sich selbst gerne stellt.
Manipulative Besetzung
Es ist schon etwas berechnend, wenn man in dieser Geschichte Robert Redford und Cate Blanchett vor die Kamera lässt. Beide sind ungemeine Sympathieträger. Das kann ein Problem sein, wenn man am Ende des Films alles ausblendet und plötzlich auf der Seite der Hauptrolle ist. Im Fall von Cate Blanchett ging mir das so. Ich hätte sie einfach aus Sympathiegründen von allen Fehlern freigesprochen, was natürlich unter objektiven Gesichtspunkten falsch ist. Mapes hat falsch recherchiert. Sie hat Fehler gemacht. Und der Film verklärt das etwas, in dem man hier eine Frau zu sehen bekommt, die für die Wahrheit kämpft, und sei es auch nur ihre eigene. Ähnliche Maßstäbe muss man auch bei Robert Redford anlegen. Auch er kommt etwas zu positiv herüber. Abgesehen davon ist der Film ein recht klassisches, solides Biopic. Dass es großartig gespielt ist, wird beim Blick auf die Besetzung wohl niemanden überraschen.
4.5/6 bzw. 7.5/10