Ich weiß nicht mehr genau, welcher der erste Film war, in dem mir Robert Redford zum ersten Mal wirklich so aufgefallen ist, dass ich mich nachhaltig daran erinnere. THE HORSE WHISPERER bzw. DER PFERDEFLÜSTERER dürfte aber mit Sicherheit zu den ersten Filmen gehören. Jetzt habe ich den Film lange Zeit nicht mehr gesehen und war gespannt, ob der Film meinen heutigen Qualitätsansprüchen noch standhalten kann.
Die 13-jährige Grace (Scarlett Johansson) liebt ihr Pferd Pilgrim über alles. Eines Morgens reitet sie zusammen mit ihrer besten Freundin Judith (Kate Bosworth) aus. Dabei kommen die Pferde an einem vereisten Abhang ins Rutschen. Judith und ihr Pferd kommen bei einem Zusammenstoß mit einem Lastwagen ums Leben. Pilgrim und Grace überleben beide schwer verletzt. Grace muss infolge ihrer Verletzungen ein Bein amputiert werden. Pilgrim ist schwer verletzt und traumatisiert, sodass die Ärzte dafür plädieren, das Tier einzuschläfern. Die Mutter von Grace, Annie (Kristin Scott Thomas), spricht sich dagegen aus, denn sie weiß, wie sehr ihre Tochter an dem Tier hängt. Bei ihrer Recherche nach Spezialisten für die Behandlung des Pferdes stößt Annie auf Tom Booker (Robert Redford). Nachdem sich Booker weigert von Montana nach New York zu kommen, fährt Annie ihre traumatisierte Tochter und den aggressiven Hengst in einem Anhänger nach Montana.
Melancholie und Sehnsucht…
Ich traue mich ja gar nicht es laut auszusprechen, aber irgendwie ist THE HORSE WHISPERER schon ein Mädchenfilm. Es geht um Pferde (oh, wie süß!) und um einen einfühlsamen Mann (oh, wie toll!) und alles spielt in einer idyllischen Landschaft (oh, wie schön!). Dieser Sehnsuchtsort in Redfords fünfter Regiearbeit ist schon fast ZU perfekt. Und doch genießt man die Zeit dort. Dort, wo die Uhren anders ticken als in der hektischen Großstadt. Schier endlose Wiesen laden zu einem spontanen Ausritt ein. Diese entspannte Langsamkeit findet sich auch im Erzähltempo wieder. Das merkt man bereits im Intro. Es dauert alles, solange wie es eben dauert. Das gilt sowohl für den Tiertherapeuten Booker, als auch für Robert Redford, der ihn spielt, genauso wie für Redford, den Regisseur. Vielleicht war auch Buck Brannaman eine Inspirationsquelle. Dessen Arbeit nutzte der Autor der Romanvorlage Nicholas Evans als Impuls sein Buch zu schreiben. Brannaman wiederum war auch als Berater und Double für Redford am Film beteiligt.
…und Kitsch
In den ersten beiden Dritteln geht es um die gestörte Beziehung von Grace und Pilgrim. Das ändert sich zum Schluss aber. Es verschiebt sich das Verhältnis dann etwas zu sehr auf Annie und Tom. Die Pferdetherapie gerät in den Hintergrund und wird zur zarten Liebesgeschichte zwischen Mutter und Therapeut. Dass man sich einen Typ wie Tom Booker, der nicht nur gut mit Pferden, sondern auch mit Menschen kann, verliebt, ist kaum verwunderlich. Trotzdem hat man hier das Gefühl, dass sich der Film vom eigentlichen Thema entfernt. Das wird nur von den Schauspielern wieder aufgefangen. Robert Redford steht der sensible Pferdetherapeut mehr als gut. Auch die junge Scarlett Johansson, mit der Redford erst 16 Jahre später wieder in WINTER SOLDIER zusammen vor der Kamera stand, begeistert. Und Kristin Scott Thomas ist inzwischen sowieso eine Institution. Zu ihr muss ich gar nicht mehr viel sagen. Man kann ihnen fast gar nicht mehr böse sein, dass die Geschichte zum Megakitsch verkommt.
4.5/6 bzw. 7.5/10
Trailer: © Youtube Filme/Disney Home Entertainment