Reiseberichte gibt es viele. Aber wohl kaum einer bleibt 103 Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Der im Mai 2006 veröffentlichte Reisebericht “Ich bin dann mal weg” von Hape Kerkeling hat aber genau das geschafft. Da kann man natürlich schon mal über eine Verfilmung nachdenken. Hat man offensichtlich auch. Kerkeling (Devid Striesow) ist völlig überarbeitet und erleidet einen Hörsturz. Er bekommt den ärztlichen Rat sich mehrere Monate zu schonen. Seiner Agentin Dörte (Annette Frier) eröffnet er schließlich, dass er auf dem Jakobsweg vom französischen Saint-Jean-Pied-de-Port bis ins spanische Santiago de Compostela wandern möchte. Neben der körperlichen Herausforderung hofft er wieder einen Sinn in seinem Leben zu finden. Hape trifft auf seinem Weg immer wieder die gleichen Gesichter. Jeder pilgert mit seiner ganz eigenen Motivation: die bissige Journalistin Lena (Karoline Schuch) schreibt eine Reportage über den Jakobsweg und die zurückhaltende Stella (Martina Gedeck) versucht ihrer verstorbenen Tochter nahe zu sein.
Der “Kerkeling-Effekt”
Natürlich ist Kerkeling ein Kassenmagnet. Auch wenn er sich inzwischen weitestgehend aus dem Rampenlicht zurückgezogen hat, freut man sich doch immer wieder, wenn er doch mal wieder irgendwo auftaucht. Zuletzt war er häufig nur zu hören: als deutsche Synchronstimme des Pandas Po (KUNG FU PANDA-Reihe) oder als Schneemann Olaf in DIE EISKÖNIGIN. Abgesehen von der Bestseller-Qualität hatte das Buch auch noch einen weiteren Effekt.
Nach Veröffentlichung des Buches lässt sich eine überdurchschnittliche Zunahme bei der Gruppe der deutschen Pilger beobachten: Im Jahr 2007 betrug ihre Zahl 13.837. Das waren 71 Prozent mehr als im Vorjahr und entsprach dem Anstieg der sieben vorausgegangenen Jahre 1999–2006. 2008 war der Anstieg bei den deutschen Pilgern mit 14 Prozent nicht mehr ganz so hoch, lag jedoch immer noch deutlich über dem durchschnittlichen Zuwachs von 9 Prozent. Obwohl dieses Phänomen nicht wissenschaftlich untersucht wurde, wird es allgemein auf das Buch zurückgeführt und als „Kerkeling-Effekt“ bezeichnet.
Quelle: → Wikipedia
Hape fehlt
Kommen wir zum direkt Offensichtlichen: Hape Kerkeling spielt sich nicht selbst. Und damit ist die große Krux des Films auch schon erklärt. Der bissige Humor und der Sarkasmus, den Kerkeling bei Lesungen seines Buches an den Tag legt, sind bei Devid Striesows Interpretation nicht vorhanden. Die Handlung folgt dem Entertainer auf dem Jakobsweg und webt noch kleine Rückblenden-Schnipsel mit Kindheitserinnerungen ein. Nach dem eineinhalbstündigem Film hat aber nicht das Gefühl die Hauptfigur gut zu kennen. Alles ist so platonisch, so oberflächlich skizziert. Die einzige wirklich interessante Szene, in der Hape eine luxuriöse Villa für seine Wander-Freundinnen und sich mietet und mit ihnen einen feuchtfröhlichen Abend verbringt, verpufft im gitarrenlastigen Soundtrack und herrlichen Postkartenansichten, die die Reise musikalisch umrahmen.
Pilgern light
Das Pilgern, die Suche nach einem Gott, wird hier als locker-flockiges Abenteuer inszeniert. Auch wenn Nachteile des Pilgerns wie miserable Herbergen, Blasen an den Füßen oder die Einsamkeit auf der Reise thematisch angerissen werden, so hat man nie Angst um die Hauptfigur oder leidet nicht wirklich mit. Es gibt kein Problem, dass man nicht mit einem witzigen Spruch locker aus der Hüfte lösen könnte. Als Begleitung bekommt Striesow dann noch Martina Gedeck und Karoline Schuch an die Seite gestellt, die aus ihren Rollen ebenfalls kaum etwas herausholen können. Und so plätschert die Geschichte vor sich hin, immer unterstrichen von einem nervigen Off-Kommentar, der die Gefühle seines Protagonisten auf- und erzählt statt zu zeigen. Man ahnt oder weiß schon, wie alles ausgehen wird. Das Happy End ist unausweichlich. Eine zweite Kerkeling-Buchverfilmung auch nicht. In den Startlöchern steht schon DER JUNGE MUSS AN DIE FRISCHE LUFT startet an Weihnachten.
2/6 bzw. 3/10
Als ganz so schlecht habe ich ihn nicht wahrgenommen. Von mir gab es noch 6 Punkte, weil ich mich durchaus an den schönen Aufnahmen erfreut habe. Aber wie gesagt kann ich dir „Dein Weg“ mehr ans Herz legen, was ein wirklich famoser Film über den Jakobsweg ist.
Danke für den Tipp.