Equilibrium (2003)

In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts brach ein dritter Weltkrieg aus. Diejenigen von uns, die überlebten, wussten, dass die Menschheit einen vierten nicht überleben würde und das unsere eigene explosive Art einen Risikofaktor darstellt. Also schufen wir eine neue Gesetzesabteilung: den Grammaton-Kleriker, dessen einzige Aufgabe die Auskundschaftung und Ausrottung der wahren Quelle menschlicher Grausamkeit. Seine Fähigkeit: etwas zu fühlen.

(Off-Kommentar der Eröffnungszene)

Angesichts von Bürgerkriegen in Syrien und Afghanistan, tausenden Menschen auf der Flucht sowie einem abgeschossenen Flugzeug in der Ukraine möchte man sich doch am liebsten zuhause einschließen und heulen. In der Zukunftsdystopie von Kurt Wimmer wäre aber genau das eine Straftat, eine Sinnesstraftat um ganz genau zu sein. Jede Art der Emotion wird durch das Mittel Prozium unterdrückt und alle Einwohner der Stadt Libria sind gezwungen es jeden Tag in einem Regierungsgebäude, dem Equilibrium, abzuholen und einzunehmen. Aber es regt sich Wiederstand. Es gibt Menschen, die das Mittel absetzen und wieder fühlen können. Sie leben in den „Nethers“, ein umwegsames und dreckiges Gebiet, dass die saubere und organisierte Stadt umgibt, und sammeln illegal Kunstwerke. Der Kleriker John Preston (Christian Bale) sorgt dafür, dass Sinnestäter erschossen und die Kunstwerke verbrannt werden. An seiner Seite ist stets sein Kollege Errol Partridge (Sean Bean), der sich aber seit Kurzem merkwürdig verhält. Preston entlarvt ihn als Sinnestäter. Der Tod seines Freundes geht ihm nah und er denkt über das herrschende System nach; schließlich setzt er sein Mittel ab. Kurze Zeit später verhaftet er Mary O’Brien (Emily Watson), zu der er sich hingezogen fühlt. Aber auch ihren Tod kann er nicht verhindern. Voller Wut geht er in den Untergrund und beschließt den „Vater“, das Staatsoberhaupt, zu töten.

Gefühlskalt

Alles im Film hat einen sehr religiösen, ja fanatischen, Unterton. Das beginnt schon beim Terminus des Klerikers und des Vaters (Dreieinigkeit: Vater-Sohn-Heiliger Geist). Ebenso sind es auch die Namen, die teilweise biblischen Ursprungs sind, oder in ihrer Bedeutung schon etwas verraten. Die Namensbedeutung von Errol lautet „edler, freier Mann“, was die Rolle von Sean Bean kaum treffender beschreiben könnte. Auch die Drehorte hatte Kurt Wimmer bewusst gewählt. Es wurde nämlich hauptsächlich in Gebäuden aus der Zeit des Nationalsozialismus gedreht wie das Olympiastadion in Berlin oder den Flughafen Tempelhof. Zudem erinnert die Geschichte inhaltlich an eine Vermischung von Ray Bradburys Roman „Fahrenheit 451“ und George Orwells „1984“ und weiteren Klassikern der dystopischen Literatur. Zudem werden Fragen der menschlichen Existenz angeschnitten, wie z.B. Was macht menschliches Leben aus? Warum leben wir?

Big Brother is talking to you - © Dimension Films
Big Brother is talking to you – © Dimension Films

Leider wird die eigentlich interessante und teilweise recht intelligente Handlung mit zahlreichen Kampfszenen vermengt, die es eigentlich nicht gebraucht hätte. Zudem sind sie viel zu brutal, als dass die Verwendung narrativ einen Sinn ergäbe. (Die Figur des John Preston hat es in die zweifelhafte Liste der → Filmfiguren mit der höchsten Todesrate geschafft.) Wenn man die Sache positiv sehen will, könnte man aber immerhin argumentieren, dass die Kampf- und Actionszenen im Kontrast zur ständig wiederholten Phrase „Es gibt keinen Krieg“ stehen und beweisen, dass es sehr wohl noch Krieg gibt, auch wenn er in Libria vielleicht anders deklariert ist. Der Krieg gegen den Terror ist schließlich auch ein Krieg. Auch auf Johns Kinder wird im weiteren Verlauf wenig eingegangen. Seine beiden Kinder werden zwar zunächst vorgestellt, spielen dann aber keine Rolle mehr. Preston tut das, was er tut, nicht für seine Kinder. Selbst dann nicht, als er das Mittel schon längst abgesetzt hat.

Spannende Geschichte, aber zu viel Geballer (4/6)

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