Wenn dieses Filmzitat stimmt, dann muss man sich fragen, was die führenden Marvelköpfe fürchten. Schon drei Jahre sind seit dem letzten und ersten AVENGERS-Film vergangen. So langsam sollte die Welt doch sicher sein, aber weit gefehlt. In Sokovia irgendwo in Osteuropa gibt es nämlich noch ein geheimes Forschungslabor der Hydra unter dem Oberkommando von Baron Strucker (Thomas Kretschmann). In der dortigen Festung befindet sich Lokis Zepter. Doch beim Angriff auf die Festung bekommen es die Avengers nicht nur mit menschlicher Gegenwehr zu tun, sondern auch mit den Zwillingen Quicksilver (Aaron Taylor-Johnson) und Scarlet Witch (Elizabeth Olsen), die dank Hydra-Experimenten übernatürliche Fähigkeiten besitzen. Tony aka Iron Man (Robert Downey Jr.) gelingt es zwar, das Zepter sicherzustellen, wird aber von Scarlet Witch mit seiner größten Angst konfrontiert. Zurück im Avengers Tower wird der Triumph gefeiert, aber Tony ist fortan besessen von der Idee eine ultimative Lösung für den Weltfrieden zu finden. Dabei findet er in Lokis Zepter eine Formel, die er dafür nutzen möchte. Doch der Schuss geht nach hinten los. Unfreiwillig erschafft er den Roboter Ultron (James Spader), der über künstliche Intelligenz verfügt und kurz darauf die Welt bedroht.
Jeder erschafft das, was er fürchtet!
Der neue AVENGERS-Teil legt eindeutig mehr Wert auf Beziehungen. Die Beziehungen im Team untereinander sind zu Beginn des Films gefestigt und alle verstehen sich prächtig, auch wenn es hin und wieder einen „Schwanzvergleich“ zwischen den unterschiedlichen Charakteren gibt (→ Thors Hammer-Challenge). Doch der Zuschauer erfährt, dass die Fassade bröckelt. Die Angstzustände, die Scarlet Witch bei allen Avengers auslöst, sagen viel über die unterschiedlichen Charaktere aus. Dann noch etwas von Hawkeyes (Jeremy Renner) geheimen Privatleben und schließlich schaut man Natasha (Scarlett Johansson) und Bruce (Mark Ruffalo) beim Flirten zu. Aber auch zu die Biografien anderer Figuren werden ausführlichst behandelt. Diese narrative Dichte, diese Komplexität ist sicherlich spannend, aber auf Dauer – wir reden hier von 140 Minuten Spielzeit – einfach zu viel. Gerade die finale Schlacht schlaucht unheimlich. Die meisten Sets sind auch weitesgehend mit großen Glasfronten ausgestattet, die dann beim Durchfallen, -schießen oder -springen herrlich zersplittern, aber auch das wird irgendwann zu viel. Im ganzen Schachtengetümmel verliert man schnell mal die Orientierung. Insgesamt wirkt der Film dadurch sehr wuchtig und schwer verdaulich. Anstatt den Fokus auf einzelne Charaktere zu legen, fokussiert sich Regisseur Joss Whedon auf alle.
Neuer Avenger und neuer Bösewicht
Dies geht aber auf Kosten von Neu-Avenger Vision (Paul Bettany) und des Bösewichts Ultron, dessen Motivation erklärt werden will. Man merkt Ultron durchaus an, dass er von Tony entworfen wurde, denn er besitzt den gleichen Zynismus wie er. So trennt er Physiker Klaw (Andy Serkis) einen Arm ab und entschuldigt sich mit den Worten „Das wird sicher wieder.“ Und doch grenzt er sich sofort von seinem „Schöpfer“ ab. In Anlehnung an den Disney-Zeichentrickfilm PINOCCHIO (1940), der „zufälligerweise“ in den nächsten Jahren als Realverfilmung in die Kinos kommen soll, zitiert er aus dem Lied „I’ve got strings, but now i’m free.“ Andy Serkis war aber nicht nur in seiner Funktion als Schauspieler am Set, sondern auch als Berater für James Spader und Marc Ruffalo, die ihren Figuren per Motion-Capture Leben einhauchten.
Voll gepackt
In Sachen Preis-Leistungsverhältnis lässt sich echt nichts sagen. Man bekommt außerordentlich viel Handlung und fulminantes Gekloppe für sein Geld. Langeweile kommt auch nicht auf, vorausgesetzt natürlich man schaltet sein Hirn auf Durchzug und lässt sämtliche Logikfehler außer Acht. Auch die Tatsache, dass Quicksilver diesmal nicht vom grandiosen Evan Peters ( → „Küchenszene“ aus DAYS OF FUTURE PAST), sondern von der besseren Hälfte von FIFTY SHADES OF GREY-Regisseurin Sam Taylor-Johnson gespielt wird, muss man deshalb hinnehmen. In den X-Men-Filmen handelt es sich zudem bei Quicksilver um einen Mutanten, hier allerdings als Ergebnis eines Experiments von Hydra. Warum weiß kein Mensch, wen kümmert schon die Continuity? Das Product-Placement fällt fast nicht auf, allerdings machen Kooperationspartner abseits der Leinwand ganz offensiv Werbung → Beispiel Audi. Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage: Was fürchtet Marvel? Bedeutungsverlust? Gewinneinbußen? Ist das der Grund, warum so viele massentauglichen Blockbuster auf den Markt geworfen werden? Ein bißchen kann man da schon Ultron verstehen, wenn er sagt: „Rein physisch kann ich zwar nicht kotzen…“
Wildes Rumgekloppe auf diversen Kontinenten (4/6)
Titelbild und Trailer: © Marvel Deutschland
Thema Quicksilver: MARVEL hat lange bevor sie eigene Filmproduktionen begonnen haben die X-MEN Rechte an das Studio verkauft, welches seitdem die Mutanten ins Kino bringt (ich glaube Fox). Diese lassen sich diese Rechte (heutzutage ja gold wert) natürlich nicht abluxen. Deswegen kann Quicksilver hier weder so heißen, noch ein Mutant sein. Er wurde ja als „enhanced“ bezeichnet.
Ich fand den Film (jetzt auf DVD) insgesamt ganz unterhaltsam, aber die „Zersetzung“ des Teams hätte ruhig schon stärker sein können. Meine Kritik dazu gibt’s hier: http://popshot.over-blog.de/2015/10/the-avengers-age-of-ultron-film-mit-u-a-robert-downey-jr-und-chris-hemworth.html