Liam Neeson scheint inzwischen auf die Rolle auf den Mann mit Knarre gebucht zu sein. Doch seine Rolle in RUHET IN FRIEDEN, so der deutsche Titel, ist erfrischend anders als die actionreihe TAKEN-Reihe. Neeson spielt in diesem Kriminalfilm den ehemaligen Polizisten Matthew Scudder, der sich im New York des Jahres 1999 als unlizenzierter Privatdetektiv seine Brötchen verdient. Vom Drogenhändler Kenny Kristo (Dan Stevens) wird er beauftragt, die Entführer und Mörder seiner Frau zu finden. Scudder lehnt zunächst ab, aber Kristo erklärt ihm, dass seine Frau Maria getötet wurde, obwohl er das geforderte Lösegeld bezahlt hatte. Matthew befragt daraufhin Zeugen und erfährt, dass Kennys Frau in einen Lieferwagen gezogen wurde. Bei der Recherche trifft er auf den obdachlosen Jungen T.J. (Astro), der von seinem Beruf derart angetan ist, dass er sich selbst als Ermittler versucht. Bald darauf wird eine weitere Frauenleiche gefunden. Ebenfalls zerstückelt wie Maria. Matthew entdeckt ein Muster hinter den Morden und empfiehlt seinem Auftraggeber seine Geschäftspartner vor möglichen Entführungen zu warnen. Doch die Warnung kommt zu spät. Die Tochter eines Drogendealers wurde ebenfalls entführt. Scudder versucht nun die Entführer aus der Deckung zu locken und das Mädchen zu retten.
So anders, so selbstreflektiert
Man versteht sofort, warum Liam Neeson die Rolle annahm. Hier darf er wieder eine Waffe in der Hand halten, wieder am Telefon wüste Drohungen aussprechen, und doch ist diese Rolle anders als 96 HOURS oder RUN ALL NIGHT. Matthew Scudder reflektiert sein Verhalten. Als trockener Alkoholiker ist er permanent mit seinem Fehlverhalten konfrontiert und geht auch immer noch zu den Anonymen Alkoholikern. Auch der Grund, der zu seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Polizeidienst führten, sprechen eine völlig andere Sprache als der hirnlose Schießduellant, den Neeson sonst so mimt. Und diese Rolle steht ihm auch außerordentlich gut zu Gesicht. Es geht um gute alte Polizeiarbeit, Zeugen befragen, Verbindungen herstellen. Der Film hat eine gewisse Ruhe und Abgeklärtheit inne, die man sonst nur aus für das Fernsehen produzierten Kriminalfilmen kennt.
Auch Drogenhändler haben Probleme
Dem Film gelingt es gut, Empathie für einen Drogenhändler in Nöten zu erzeugen. Völlig verständlich ist Scudders anfängliche Absage. Doch Dan Stevens schafft diese Sympathie und gleichzeitig schüttelt der Brite sein piekfeines DOWNTON ABBEY-Image ab. Das Liam Neeson wieder großartig spielt, soll der Vollständigkeit halber noch erwähnt werden, aber eigentlich versteht sich das von selbst. Das Motiv der Entführer und Killer fällt dagegen etwas schwach aus. In zwei Sätzen wird erklärt, dass sie ganz offensichtlich Psychopathen sind, die nicht nach Moral und Anstand handeln. Ein bißchen mehr Kontext hätte der Geschichte mehr Tiefgang gegeben. Gerade bei einer dreidimensionalen Hauptfigur wie dieser, fehlt das passende Gegenstück. Weiterer Schwachpunkt ist T.J. Der versteckt sich im Wagen der Entführer, was nach den Gesetzen der Logik überhaupt keinen Sinn ergibt, aber hilft die Handlung vorwegzutreiben. Die letzte Viertelstunde wirkt wie lieblos drangeklatscht. Prinzipiell eignet sich der Film besonders für die TAKEN-Enttäuschten und alle Zuschauer, die einfach mal wieder einen guten Krimi sehen wollen.
(4.5/6)
Trailer: © Universum
Ich habe den Film vor einiger Zeit auch gesehen. Ich weiß gar nicht wie meine Rezension ausfallen würde, wenn ich ihn mir heute noch einmal anschaue und was darüber sagen müsste.
Dein Beitrag gefällt mir gut, auch mit Bezug auf „Run all Night“. Das war der letzte Film den ich mit Liam Neeson gesehen hatte und ich fand ihn zu actionreich. „Ruhet in Frieden“ macht es da definitiv besser.
Hier sind meine Gedanken von damals:
https://zacksmovie.wordpress.com/2015/07/06/r-wie-ruhet-in-frieden/