Von der Geschichte, die in SKIN erzählt wird, habe ich vorher noch nie etwas gehört. Aber man merkt gleich, dass sie „Hollywood-Potenzial“ hat. Ein ehemaliger Neo-Nazi, dessen Gesicht und Hals eindeutige Symbole mit dessen Gesinnung zieren, lässt sich in einem schmerzhaften Prozess die Tattoos entfernen. Jamie Bell spielt genau diesen Typen: Bryon Widner. Der gehört einer rassistischen Gruppierung namens Vinlanders Social Club an. Er glaubt fest an die dort vermittelte Ideologie und verübt Gewalttaten gegen Schwarze und Einwanderer. Dann trifft er Julie (Danielle MacDonald) und ihre drei Töchter. Sie inspirieren ihn, ein anderes, stabileres Leben führen zu wollen. Doch der Club lässt ihn nicht so einfach ziehen. Insbesondere der Anführer Fred Krager (Bill Camp) und dessen Frau Shareen (Vera Farmiga) versuchen alles um Bryon in der Gruppe zu halten. Auch vor Gewaltandrohung und Erpressung schrecken sie dabei nicht zurück.
Unter die Haut
Auch wenn es ein lausiges Wortspiel ist: SKIN geht unter die Haut. Der Film berührt und das nicht nur in den Momenten, in denen Bryon bei seiner schmerzvollen Tattooentfernung gezeigt wird. Diese Bilder sind wirklich schwer auszuhalten. Dass man mit dem eigentlichen Unsympath Bryon so mitleidet, liegt in erster Linie an Hauptdarsteller Jamie Bell, der einfach fantastisch spielt. Auch ohne viele Worte oder ausladende Gesten gelingt es Bell den inneren Konflikt seiner Figur zu verdeutlichen. Durch Vor- und Rückblenden wird der Konflikt auch filmisch noch einmal verhandelt. Alle Figuren sind trotz ihrer zumeist eindimensionalen Weltsicht vielschichtig und spannend. Den sehr streicherlastigen Soundtrack von Dan Romer empfand ich in manchen Szenen etwas zu wuchtig und dominant.
Eine zweite Heimat
Ruhig und gelassen zeigt der Film auf, wie Menschen in diese sektenartige Umgebung geraten, aus der sie sich mit zunehmender Dauer immer weniger selbst schwer befreien können. Auf der Straße angesprochen, werden die zumeist jungen, perspektivlosen Männer schnell in die Gruppe integriert. Es folgen Initiationsriten und eine familienähnliche Atmosphäre. Besonders Vera Farmiga wird so etwas wie ein Mutterersatz für die Jungs. Und auch sie predigt eine Weltanschauung: die Familie kommt vor allem anderen. Auch vor Gewaltakten schreckt dieser zweifelhafte Familienersatz nicht zurück und diese nächtlichen Überfälle gehören genauso dazu, wie die Huldigung irgendwelcher nordischen Götter. Guy Nattiv zeigt auf, wie diese Mechanismen funktionieren, kann aber nicht über einige Längen hinwegtäuschen. Dass man letztendlich bis zum Ende dranbleibt, liegt in erster Linie an Jamie Bell und Danielle Macdonald, die eine tolle Chemie miteinander haben.
4.5/6 bzw. 7.5/10
SKIN (2018) ist seit dem 7. Februar 2020 als Blu-ray und DVD im Handel erhältlich. Digital steht der Film schon seit dem 3. Februar 2020 zur Verfügung.
Zur Erstellung der Kritik wurde mir vom Ascot Elite freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf meine Wertung.
Trailer: © Ascot Elite
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