Wenn es einen Schauspieler gibt von dem ich mir noch viel verspreche, dann ist es Jacob Tremblay. Seit ROOM bin ich ein Fan. Nachdem ich den Trailer zu WONDER gesehen habe, war sofort klar, dass ich wieder ins Kino pilgern werde um dem kleinen, großen Schauspieler bei der Arbeit zuzusehen. Tremblay spielt den Jungen August Pullman, der von allen nur “Auggie” genannt wird. Aufgrund eines Gendefektes hat Auggie ein stark entstelltes Gesicht. Mutter Isabel (Julia Roberts) hat ihn deshalb jahrelang zuhause unterrichtet, weil sie Nachteile für ihren Sohn fürchtete. Als er jedoch zehn Jahre alt ist, diskutieren seine Mutter und sein Vater (Owen Wilson) darüber, ihn nicht vielleicht doch am üblichen Schulbetrieb teilnehmen zu lassen. Auggie besucht kurz darauf in die fünfte Klasse an der Beecher Prep School. Dort lernt er trotz anfänglicher Schwierigkeiten, sich mit seinem Äußeren zu arrangieren, die Hänseleien zu ignorieren und findet schnell neue Freunde.
Das Gefühl der emotionalen Manipulation
WONDER drückt immer wieder auf die Tränendrüse. Manchmal wusste ich noch nicht mal, warum ich weine. Vor einziger Zeit bin ich über ein grandioses Video auf Youtube gestoßen, das erklärt, warum wir alle bei Pixar-Filmen weinen.
Video: © Sideways
Genauso ähnlich verhält es sich mit WONDER. Schöne Momente werden mit trauriger Musik unterlegt und umgekehrt. Keine Frage, der Film unterhält. Die Geschichte ist rührend und ein Plädoyer für Toleranz und Freundschaft. Auggie wird behütet und beschützt und in der letzten Szene des Films auch ausführlich beklatscht. Spätestens jetzt fängt der Zuschauer an zu heulen. Owen “Die anderen Väter sind nicht so cool wie ich.” Wilson hat mich in der Vaterrolle sehr überrascht. Ehrlich gesagt, hatte ich ihm eine so erwachsene Rolle nicht zugetraut. Auch die Kombination Wilson/Roberts funktioniert erstaunlich gut. So rein optisch und image-technisch passen die beiden ja nicht unbedingt zusammen.
Betrogen und trotzdem glücklich
Und auch wenn die emotionale Manipulation des Films gut funktioniert, fühlt man sich am Ende des Films betrogen. Am Ende ist einfach alles ein bißchen zu rund. Es ist nicht das große Drama, das vom Zusammenhalt einer Familie gegen alle Widerstände erzählt. Große Konflikte gibt es keine. Es löst sich alles in Wohlgefallen auf – weitestgehend ohne dabei kitschig zu sein. Natürlich wird Auggie gemobbt, aber glücklicherweise hat er ja eine Inselbegabung mit der er bei seinen Mitschülern Eindruck machen kann. Klar, auch solche Feel-Good-Filme muss es geben und doch hinterlässt WONDER ein schales Gefühl. Ich frage mich, ob der Film beim zweiten Ansehen immer noch so gut funktionieren würde. Auch wenn der Film – wie in der Buchvorlage – in einzelne Kapitel unterteilt ist, die die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählen, haben die Kapitel effektiv keinen Nutzen, denn die Geschichte wird nicht aus der Sicht einer Figur weitererzählt. Die Unterteilung ist nur Fassade, denn die Geschichte bleibt weitestgehend chronologisch. Und trotz dieser ganzen Kritikpunkte geht die Geschichte auf.
5/6 bzw. 8/10
Trailer: © Studiocanal Germany