Gut Ding will Weile haben. Bereits 1995 begann Regisseur Edgar Wright an dem Film zu arbeiten. Das Drehbuch war aber erst 2011 fertig. Was solange gedauert hat, ist nicht überliefert. Vielleicht war er auch einfach mit den Dreharbeiten zu THE WORLD’S END oder SCOTT PILGRIM GEGEN DEN REST DER WELT beschäftigt. Die Geschichte ist eigentlich total einfach gestrickt.
Baby (Ansel Elgort) hört den ganzen Tag über Kopfhörer Musik um den Tinnitus in seinen Ohren zu übertönen. Trotz seines jungen Alters ist er der Beste in seinem Job. Als Fluchtwagenfahrer arbeitet er mit dem Gangsterboss Doc (Kevin Spacey) zusammen, weil er bei diesem noch in der Schuld steht. So muss er notgedrungen mit dem zwielichtigen Buddy (Jon Hamm) und dessen Freundin Darling (Eiza Gonzalez), den fiesen Griff (Jon Bernthal) und dem unberechenbaren Bats (Jamie Foxx) kooperieren und bei ihren Überfällen sicherstellen, dass sie der Polizei entkommen. Baby wünscht sich einfach nur ein normales, ruhiges Leben. Als er sich in die Kellnerin Debora (Lily James) verliebt, ist dieser Traum zum Greifen nah. Doch er hat seine Pläne ohne Doc gemacht.
1,2,3,4…Die furiose Einleitung
Wer den Trailer gesehen hat, weiß was er kriegt. Die Figuren sind allesamt überzogen und aufgedreht. Ein Umstand, der dem Film natürlich in die Hände spielt. Bereits in den ersten Minuten merkt man, wie viel Wert auf Musik und Montage gelegt wird, denn beides wird virtuos aufeinander abgestimmt. Der Film macht nicht nur wegen der präzisen Bild-Ton-Montage gute Laune, sondern auch wegen der packenden Verfolgungsjagd, die direkt in den Film einleitet.
Gefolgt wird diese durch eine fantastische Plansequenz. Wirklich alles an diesem Film sagt: “Lehn’ dich zurück und habe Spaß.” Ansel Elgort ist mir bis dato nur durch die DIVERGENT-Filme aufgefallen und zwar ausschließlich negativ. Hier merkt man aber recht schnell, dass er perfekt auf die Rolle passt. Das bubihafte Aussehen gepaart mit abenteuerlichem Leichtsinn, manchmal auch Kalkül, die Liebe für seinen tauben Adoptivvater und zur Musik, das kommt tatsächlich gut rüber. Apropos Musik: Der Remix „Was he slow?“ und das „Easy“-Cover von Sky Ferreira, die im Film Babys Mutter spielt, laufen seit dem Screening bei mir rauf und runter. Auch die restliche Musikauswahl passt einfach unglaublich gut und ist sehr hörenswert.
….5,6,7,8! Das schwächelnde Ende
Leider kann BABY DRIVER das hohe Anfangstempo nicht halten. Baby muss häufig auch mal ohne Kopfhörer klarkommen, was aber zu keinerlei Problemen oder Einschränkungen führt. Hier hätte man wunderbar einen penetrant-nervigen Tinnitus-Quietschton einfügen können. Oder verzweifelte Versuche von irgendwoher Musik zu beschaffen. Als großer Endgegner stellt sich schließlich Buddy heraus. Wie → meine Kinobegleitung an dem Abend richtig anmerkte, ist das verschenktes Potenzial, denn Buddy ist im Grunde nur eine Nebenfigur und dementsprechend austauschbar. Jon Hamm kann die Rolle des Antagonisten nicht ausfüllen, nicht zuletzt, weil ihm auch das Motiv fehlt. Ein viel größeres Motiv für einen Endkampf hätte Doc aka Kevin Spacey. Er ist der Gangsterboss. Er muss alles zusammenhalten. Somit hätte er auch die größten Probleme, wenn sein Star-Fluchtfahrer plötzlich aussteigen will. Das letzte Drittel verkommt dann nur noch zum Action-Krach-Bumm-Finale, das wenig mit der eigentlichen Prämisse des Films zu tun hat. Momentan gibt es schon Gerüchte über einen zweiten Teil von BABY DRIVER. Der wäre meiner Meinung nach pure Geldmacherei und sinnlos. Der Film ist so in Ordnung wie er ist.
4.5/6 bzw. 7.5/10
Trailer: © Sony Pictures Deutschland
Okay, ja… das Buddy-Ende ist vielleicht wirklich ein bisschen over-the-top. Aber ich mochte es, ich mochte den ganzen Film. Wirklich Wahnsinn, was Edgar Wright hier mit Musik gemacht hat. Wirklich verdammt cool… und ja, ich frage mich auch, wozu man dazu einen zweiten Teil braucht? Naja, hoffen wir mal, dass es nicht so weit kommt.