25 km/h (2018)

Ich war positiv überrascht, dass der Film noch im Kino lief. Acht Wochen nach dem Kinostart. Gefühlsmäßig verschwinden doch deutsche Produktionen relativ schnell wieder aus den Kinos. Nachdem ich 25 KM/H noch auf meiner To-watch-Liste hatte, bin ich natürlich ins Kino. Der Film beginnt schon mit einer großartigen Szene. Zu Beginn scheitert es nämlich an einer simplen Bahnschranke. Manager Christian (Lars Eidinger) kommt dadurch zu spät zu der Beerdigung seines Vaters. Sein Bruder Georg (Bjarne Mädel) ist außer sich. Zwischen den beiden ungleichen Brüdern, die sich 30 Jahre nicht mehr gesehen haben, herrscht erst einmal dicke Luft. Nach dem Leichenschmaus betrinken sich die beiden und schwelgen in Kindheitserinnerungen. Sie beschließen im Vollrausch mit ihren Mofas vom Schwarzwald quer durch Deutschland an die Ostsee zu fahren. Schneller als 25km/h kommen sie aber nicht voran. Durch diese Entschleunigung können sich die entfremdeten Brüder aussprechen und sich wieder näherkommen.

Szenenbild aus 25 km/h - Georg (Bjarne Mädel) bekommt Zuspruch von Tanja (Sandra Hüller) - © Sony Pictures
Georg (Bjarne Mädel) bekommt Zuspruch von Tanja (Sandra Hüller) – © Sony Pictures
Was wirklich wichtig ist

Der Regisseur von FRIENDSHIP! und SIMPEL hat bereits Erfahrung mit dem Roadmovie-Subgenre. Markus Goller schickt nun Lars Eidinger und Bjarne Mädel in 25 KM/H auf eine langsame Reise quer durch Deutschland. Das was dem Film am Fortbewegungsgeschwindigkeit fehlt, macht er durch pointierte, zackige Dialoge wieder wett. Die Charaktere sind wie dafür gemacht, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Der Bruder, der auszog und die Welt bereiste, trifft auf den Bruder, der aus dem beschaulichen Schwarzwald-Dorf nie herauskam. Immer wieder treiben sich die Brüder gegenseitig an. Das spürt man im Spiel von Lars Eidinger und Bjarne Mädel. Man sieht die gute Chemie und den Spaß beim Dreh förmlich. Über weite Strecken des Films hatte ich ein Dauergrinsen im Gesicht, weil diese Spielfreude sehr ansteckend war. Der zweite Grund für das Dauergrinsen war der herrlich-entspannte, gitarrenlastige Soundtrack, der sich wie ein akustisches Glas Milch mit Honig in den Gehörgang legt.

Szenenbild aus 25 km/h - Georg (Bjarne Mädel) und Christian (Lars Eidinger) auf dem Wurzelfestival. - © Sony Pictures
Georg (Bjarne Mädel) und Christian (Lars Eidinger) auf dem Wurzelfestival. – © Sony Pictures
Auszeit

Manchmal schlägt der Film etwas zu sehr über die Stränge und wird zu skurril. Wenn etwa Christian und Georg auf einem Weinfest in Süddeutschland spontan einen perfekten Stepptanz aufführen oder Wotan Wilke Möhring die beiden Brüder als Campingplatz-Proll mit Pfeil und Bogen durch den Wald verfolgt, wird die Glaubwürdigkeit der Geschichte doch etwas auf die Probe gestellt. Apropos Nebenrollen: Die schwäbelnde Sandra Hüller habe ich sofort ins Herz geschlossen, genau wie Jella Haase, die auf dem Wurzelfest über Schicksal und den Sinn des Lebens philosophieren darf. Das letzte Drittel hat dann doch ein paar Längen. Auch den ganzen Handlungsstrang mit Wotan Wilke Möhring hätte es eigentlich nicht gebraucht. Die Charakterentwicklung der beiden Brüder ist auch ohne furiosen Endgegner spannend genug. Bjarne Mädel und Lars Eidinger haben gestern (30.01.2019) den Ernst-Lubitsch-Preis für die beste komödiantische Leistung im deutschen Film  erhalten. Zu Recht.

5/6 bzw. 8.5/10

Trailer: © Sony Pictures

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