Das Kino, ganz besonders das Teenie-Kino, ist im Moment voll von Dystopien in denen sich Kinder in einem blutigen Turnier gegenseitig umbringen müssen oder aus einem tödlichen Labyrinth entkommen müssen oder in einem zerstörten Chicago-Verschnitt in vier Fraktionen leben. Das klingt nicht besonders nach einer rosigen Zukunft. Einen Gegenentwurf versucht nun Disney mit TOMORROWLAND, der in Deutschland zunächst PROJEKT: NEULAND und dann schließlich A WORLD BEYOND hieß, weil es ein Musikfestival mit dem gleichen Namen gibt. Die Geschichte beginnt mit dem 10-jährigen Frank Walker (Thomas Robinson), der auf der Weltausstellung 1964 einen selbstgebauten, aber fluguntüchtigen Jetpack vorstellt. Der Juryvorsitzende des Wettbewerbs, David Nix (Hugh Laurie), schickt den Jungen wieder weg, doch ein kleines Mädchen benannt nach der griechischen Götting der Weisheit, Athena (Raffey Cassidy), wird auf ihn aufmerksam und schenkt ihm eine Anstecknadel. Eine dieser Anstecknadeln findet Jahre später auch den Weg in die Hände des Teenagers Casey Newton (Britt Robinson). Als ihr Vater (Tim McGraw), ein NASA-Ingenieur, arbeitslos wird, weil die Raketenrape in Cape Canaveral abgerissen werden soll, fackelt sie nicht lange und manipuliert in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Abrissbagger und lässt sich derweil von Bruder Nate (Pierce Gagnon) verleugnen. Doch ihr Treiben bleibt nicht unbeobachtet. Ein kleines Mädchen verfolgt sie und sorgt dafür, dass auch sie eine Anstecknadel bekommt. Als Casey diese berührt, ist sie an einem anderen wunderschönen Ort. Fortan versucht sie das Geheimnis der Anstecknadel zu lüften und trifft dabei auf den inzwischen erwachsenen Frank Walker (George Clooney), der alles andere als erfreut ist. Doch das ungleiche Duo wächst zusammen und muss sich um das größte Problem der Menschheit kümmern: die Apokalypse.
Träumer gesucht!
Glücklicherweise ist TOMORROWLAND nicht wieder eine dieser Teenager-rettet-die-Welt-im-Alleingang-Plotlines geworden. Hier arbeitet noch Alt und Jung, Mensch und Maschine, für ein höheres Gut zusammen. Unterhaltsam ist, dass Frank und Casey ihre beiden Geschichten erzählen und sich dabei gegenseitig ins Wort fallen und korrigieren („Du willst die Geschichte so erzählen?“), was bereits ihr freundschaftliches Verhältnis deutlich macht. Gelungen ist auch die Montage, in der Caseys Lehrer allesamt im Unterricht von Kriegen und Umweltkatastrophen in der Zukunft berichten, allerdings auf Nachfrage keine Antwort geben können, wie diese verhindert werden können. Über die Effekte muss man nur wenig Worte verlieren. Jeder, der den Trailer gesehen hat, weiß, dass am Computer wunderbare Gebäude und traumhafte Kulissen entstanden, die tatsächlich Lust auf die Zukunft machen. Neben dem futuristischen Design von Tomorrowland und dem aufgeklappten Eiffelturm fällt noch der Spielzeugladen auf, in dem Casey zur Herkunft ihres Pins recherchiert. Dort läuft die STAR WARS-Titelmelodie und es findet sich der in Karbonit eingefrorene Han Solo, was sicherlich eine Anspielung auf den neuen STAR WARS-Teil ist, der dank Disney im Dezember 2015 in die Kinos kommen wird.
Schlechte Nachrichten
Interessant ist die Beobachtung von Wolfgang M. Schmitt jun. in seiner → Filmanalyse. Er ist der Meinung der Film vermittle eine falsche Botschaft, denn hier werden schlechte Nachrichten dafür verantwortlich gemacht, dass Menschen pessimistisch in die Zukunft sehen, was im Umkehrschluss heißt, gute Nachrichten würden die Menschen zu Optimisten machen. Dies ist natürlich viel zu kurz gedacht, was Schmitt auch richtigerweise moniert. Doch das scheint auch nicht die tatsächliche Aussage des Films zu sein. In David Nix‘ Monolog prangert dieser an, dass die Menschen die schlechten Nachrichten schlichtweg akzeptieren anstatt diese als Problem zu begreifen, dass man lösen kann. Der Film ermutigt daher vielmehr die Probleme zu erkennen und anzupacken anstatt schlichtweg auf die Apokalypse zu warten und sich im Selbstmitleid zu suhlen.
Narrative Durststrecke
In Sachen Storytelling hat man Entscheidungen getroffen über die man diskutieren kann. Zum einen besteht der Film zunächst aus der Biografie von Frank Walker, dann springt der Film zur eigentlichen Handlung, nämlich der Rekrutierung von Casey Newton. Wäre es nicht viel einfacher gewesen, nur den Handlungsstrang von Casey zu erzählen und Franks Geschichte mit Rückblenden einzubetten? So hat man zwei Geschichten, die chronologisch hintereinander wegerzählt werden müssen, was zu einer narrativen Durststrecke direkt zu Filmbeginn sorgt. Aber auch an anderer Stelle erkennt man einige Logiklöcher, wenn man sich mal wirklich die Mühe macht und alles logisch durchdenkt. Die Kinderschauspieler übertreiben vereinzelt etwas, doch insgesamt bietet dieser Disneyfilm genau das, was man von Disney erwartet: spannende Action, liebenswerte Charaktere und eine starke Botschaft.
Blockbuster mit starker Botschaft (4.5/6)
Trailer: © Disney
Ich stimme Ihrer Besprechung zu, bis auf die Kritik am „Storytelling“. Gerade diese Erzählweise macht die Spannung des Filmes aus.
Hier meine eigene Auffassung:
http://www.lomax-deckard.de/2015/10/tomorrowland-von-brad-bird-fantastischer-science-fiction-film.html