Peter Simonischek habe ich seit TONI ERDMANN auf der Liste stehen. Die Liste mit dem Namen „Schauspieler, die ich aus einen Film, einer Serie oder einem Interview kenne und gerne mal live erleben möchte“. Und wenn ich schonmal Urlaub in Wien mache, dann kann man diesen ja auch dazu benutzen um endlich einen Haken hinter den Namen zu machen. In THE WHO AND THE WHAT spielt er den Muslim Afzal, dessen älteste Tochter Zarina (Aenne Schwarz) immer noch nicht verheiratet ist und sich lieber mit Gender Studies und ihrem noch nicht fertiggestellten Buch beschäftigt. Daher greift Afzal zu einem ungewöhnlichen Mittel und erstellt im Namen seiner Tochter ein Profil auf der Webseite einer muslimischen Ehepartnerbörse. Afzal trifft sich schließlich mit Eli (Philipp Hauß), einem zum Islam konvertierten Amerikaner, mit dem sich Afzal gut versteht. Doch als Afzal Eli seiner Tochter als geeigneten Schwiegersohn vorschlägt, ist sie außer sich. Dennoch lässt sie sich auf ein Treffen mit ihm ein und muss feststellen, dass ihr Vater durchaus das richtige Gespür hatte. Genau wie sie ist Eli ein kritischer Intellektueller, der Glaube und Religion hinterfragt. Zunächst sieht alles nach einem Happy End aus. Schwester Mahwisch (Irina Sulaver) und der Vater sind begeistert. Doch dann fällt Afzal das Manuskript von Zarinas Buch in die Hände. In „The Who and the What“ beschäftigt sie sich kritisch mit dem Bild des Propheten im Koran und der Rolle der Frau im Islam. Afzal ist außer sich und verstößt seine Tochter.
Spannende Eindrücke ohne viel Aufwand
Das Bühnenbild ist relativ spartanisch gehalten. Im Hintergrund hängt eine Stoffbahn, die wie ein überdimensionaler Perserteppich als Rückwand fungiert. Im Vordergrund stehen ein paar Stühle. Bei den Szenenwechseln werden lediglich die Stühle verrückt. Mehr braucht es auch nicht. Was mir direkt aufgefallen ist, wie wenig ich über den Islam weiß. Klar, vom Propheten Mohammed hat man schonmal gehört. Aber dass er zehn Ehefrauen hatten und dass sogar überliefert ist, wer davon seine „Lieblingsfrau“ war. Oder worin das Tragen des Schleiers begründet ist. Für mich war das alles Neuland. Umso erfreulicher war es, dass mir diese ganzen Fakten, die ich später alle nochmal auf Wikipedia nachgelesen habe, in einer derart lockeren, witzigen und unterhaltsamen Art und Weise präsentiert bekam, dass man auch als christlich geprägter Mensch locker folgen kann. Mehr noch: Lust bekommt, sich mit dem Islam zu beschäftigen.
Simonischek und Schwarz begeistern
Natürlich kann man hier mal wieder das Fass „Diversität und Repräsentation“ aufmachen. Das Stück handelt von einer amerikanischen Familie pakistanischer Herkunft und die Schauspieler sehen alle nicht so aus als kämen sie von dort. Dementsprechend muss der Zuschauer eine gewisse Transferleistung erbringen. Was mich am meisten irritiert hat, war als Peter Simonischek auf einem auf den Boden projizierten Teppich anfängt gen Mekka zu beten. Auch wenn er Worte auf Arabisch spricht, wird das vom Publikum meistens mit einem nervösen Lachen kommentiert. Dennoch gelingt es ihm das Publikum sehr für sich einzunehmen. 2018 gab es den Nestroy-Theaterpreis als besten Hauptdarsteller für ihn für diese Rolle. Zweites Highlight war für mich Aenne Schwarz, die ich bereits aus HOTEL STRINDBERG kenne. Das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater, der tiefe Graben ist greifbar. Dass sich die beiden am Ende in den Armen halten, ging sehr ans Herz.
Gesehen am 30.11.2019 im Akademietheater in Wien