Broadchurch – 1. Staffel (2013)

Da heißt es immer, die Chinesen seien die Meister der Kopie. Was Serien angeht, sind aber die größten Kopierer wohl die Amerikaner, denn kaum war klar, dass BROADCHURCH ein Hitformat ist, wurde eine amerikanische → 1:1-Kopie namens GRACEPOINT in Auftrag gegeben. Wer Imitationen liebt, wird auch damit seine Freude haben, aber Kennern geht natürlich nichts über das Original. Eines Morgens wird am Strand des fiktiven Küstenortes Broadchurch ein Junge gefunden. Er ist tot. Die Polizei sperrt den Strand ab und identifiziert den Toten. Es ist der elfjährige Danny Latimer (Oskar McNamara). Die Ermittlungen werden von dem neu eingesetzten Detective Alec Hardy (David Tennant) geleitet, der mit der ortsansässigen Ellie Miller (Olivia Colman) zusammenarbeiten soll. Doch für Miller wird der Fall zur emotionalen Zerreißprobe. Sie kennt die Familie Latimer gut, ihr Sohn Tom (Adam Wilson) war mit Danny befreundet und es fällt ihr schwer Beth (Jodie Whittaker) und Mark Latimer (Andrew Buchan) und deren Tochter Chloe (Charlotte Beaumont) die schlechte Nachricht zu überbringen. Schnell wird auch die Lokalpresse in Form von Ellies Neffen Oliver Stevens (Jonathan Bailey) und dessen Chefin Maggie Radcliffe (Carolyn Pickles) auf den Fall aufmerksam. Fortan geht die Angst um in dem Küstenort. Die Eltern haben Angst um ihre Kinder und die lange Suche nach dem Mörder und die Ungewissheit führen zu falscher Verdächtigung und Hetze.

© ITV
Die Wahrheit kennt nur die See

Wer BROADCHURCH schaut, wird zwangsläufig depressiv, ganz besonders, wenn man die deutschsprachige Version davon im ZDF angeschaut hat. Hier waren nämlich die acht 50-minütigen Episoden als vier Eineinhalbstünder zu sehen, was an dem ein oder anderen Abend doch sehr geschlaucht hat. So ganz mag man nicht verstehen, warum die Briten so derart auf diese Krimiserie abfahren. Besonders innovativ scheint die Serie auf den ersten Blick nicht zu sein. Liegt die Popularität an Publikumsliebling David Tennant? Oder am großartigen schaurig-düsteren Soundtrack von Ólafur Arnalds und seinem mysteriösen Song → „So close“? Eine besondere Art der Kameraführung ist auch nicht zu erkennen. Was macht also den Reiz aus? Es ist das Prinzip aus Ursache und Wirkung. Der Tod von Danny Latimer setzt Ereignisse in Gang, die anders sonst nie passiert wären. Beweise werden vernichtet, meistens aus einem „guten“ Grund, der sich auf den ersten Blick nicht erschließt. Selten wurden in einer Krimi-Serie die unterschiedlichen und teilweise auch kollidierenden Motivationen derart ausführlich porträtiert.

Szenenbild aus BROADCHURCH - 1. Staffel - Mark und Beth (Jodie Whittaker) Latimer im Schockzustand- © ITV
Mark und Beth (Jodie Whittaker) Latimer im Schockzustand- © ITV

Dadurch, dass der Zuschauer häufig im Unklaren über die Motivationen der Figuren bleibt und lediglich ihr Handeln bewertet, verdächtigt man irgendwann jeden, was die Spannung permanent aufrechterhält. Weiter portraitiert die Serie den schwierigen Polizeialltag, den Trauerprozess der Latimers, der Sensationsgeilheit der Medien und den kollektiven Umgang in der Gemeinde mit dem Todesfall. Der Film setzt bewusst auf Emotion: die Kamera ist immer nah an den Personen, mal hinter ihnen herlaufend, mal direkt nah am Gesicht oder der Geste. Ebenso werden besonders aufgeladene Momente mit Slow-Motion unterstützt. Das Konzept geht auf: Der Zuschauer fühlt die Trauer und den Schmerz aller Beteiligten. In der Mitte lässt die Spannung etwas nach, doch das Finale ist unerwartet und schockierend zugleich. Die Chemie zwischen David Tennant und Olivia Colman ist großartig und die schauspielerischen Leistungen sind selbst in den kleinsten Nebenrollen unglaublich gut. Ein starkes Stück britischer TV-Geschichte.

Düsterer Kriminalfall (5/6)

 Trailer: © Studiocanal

5 thoughts on “Broadchurch – 1. Staffel (2013)

  1. Huhu,
    gerade heute morgen wurde mir von meiner Arbeitskollegin von der Serie berichtet. Schade, dass solche Serien immer in Marathonabenden á la 5 Folgen am Stück ausgestrahlt werden! 🙁 Das ist so anstrengend! 🙂

  2. Kann dir nur zustimmen. Mir ist auch beim Schauen immer wieder in den Sinn gekommen, dass die Bestandteile der Serie alle nicht neu sind. In welchem krimi werden die Medien nicht angeprangert? Welcher Detective hat mal keine tiefschürfenden Probleme, über die er nicht reden will? Alles schon Mal gesehen. Aber die Umsetzung ist sehr vereinnahmend.

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