Victoria (2015)

Alle Welt lobt den Film BIRDMAN und insbesondere die Kameraarbeit von Emmanuel Lubezki in den Himmel, doch direkt vor unserer Haustür beim deutschen Film gibt es einen ebenso guten Kameramann: Sturla Brandth Grøvlen . Der Norweger bekam bei der diesjährigen Berlinale völlig verdient einen silbernen Bären für „Herausragende künstlerische Leistung“. Die 140-minütige Geschichte von Regisseur Sebastian Schipper wurde in einem einzigen Take gedreht. Der Beat hämmert unaufhörlich. Das Licht flackert. Arme hängen in der Luft, Köpfe wippen dazu im Takt. Mittendrin tanzt die Spanierin Victoria (Laia Costa), die seit drei Monaten in Berlin lebt und in einem Café als Kellnerin arbeitet. Auf ihrem Nachhauseweg wird sie von vier jungen Männern angesprochen. „Sonne“ (Frederick Lau), „Boxer“ (Franz Rogowski), „Blinker“ (Burak Yiğit) und „Fuß“ (Max Mauff) nehmen die aufgeschlossene junge Frau kurzerhand mit und legen ihr die Stadt zu Füßen. Victoria und Sonne verstehen sich gut, doch bevor sie mehr Zeit haben sich besser kennenzulernen, muss Sonne seinen Kumpels helfen. Diese haben sich auf eine krumme Sache eingelassen. Als einer krankheitsbedingt ausfällt, soll Victoria als Fahrerin einspringen. Was sich wie ein leichter Job anhört, entpuppt sich als Albtraum, in dem Victoria zu versinken droht.

Szenenbild aus VICTORIA - Sonne (Frederick Lau) und Victoria (Laia Costa) - © Senator
© Senator
Morgens in Berlin

Am 24. April 2014 kurz vor 7 Uhr morgens irgendwo in Berlin nimmt Kameramann Sturla Brandth Grøvlen die Kamera runter und es ist geschafft. Die Geschichte ist erzählt, ohne auch nur einen einzigen Schnitt. Der Spielfilm, der als Berliner Großstadt(liebes)geschichte anfängt, endet irgendwo bei Bonny und Clyde. Das  Mischmasch aus Deutsch und Englisch passt perfekt zum Schmelztiegel Berlin und die improvisierten Dialoge sorgen für Realismus. Dies liegt nicht zuletzt auch an dem großartigen Cast aus dem Frederick Lau und Laia Costa nicht nur handlungsbedingt, sondern auch schauspielerisch etwas hervorstechen. Die titelgebende Heldin agiert leider mit zunehmender Länge etwas sehr naiv und lässt sich ohne Zweifel sofort als Fluchtfahrerin anheuern, was doch etwas zu gewollt und auch unlogisch erscheint. Zudem zieht sich die Geschichte im letzten Drittel dann doch etwas und so fiebert man eher ungewollt dem Filmende entgegen.

Szenenbild aus VICTORIA - Victoria (Laia Costa) lernt die Jungs kennen - © Senator
Victoria (Laia Costa) lernt die Jungs kennen – © Senator

Gar nicht genug loben kann man die Kamera. Die Handkamera ist nah an den Gesichtern und immer mittendrin im Geschehen. Hat mal was von Kriegsberichterstattung, mal was von reinem Beobachten. Eine perfekte Symbiose aus Dokumentarfilm und Spielfilm, sofern es die den überhaupt gibt. Der Film wertet nicht und überlässt das dem Zuschauer. VICTORIA ist ein Film, bei dem für jeden was dabei ist. Zarte Liebe, brutale Action und ein spannender Krimi – soll man gar nicht meinen, dass sowas im deutschen Kino geht. Da war es dann auch kein Wunder, dass der große Wunsch von Regisseur Sebastian Schipper ebenfalls in Erfüllung ging: der Film hat einen US-Verleiher gefunden und wird im Spätsommer 2015 auch in den Staaten laufen. Congrats!

Ambitioniertes Projekt mit tollem Cast (5/6)

Titelbild und Trailer: © Senator

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