The Jungle Book (3D, 2016)

Ein Arbeitskreis mit Balu

Kennt man die bisherigen Arbeiten von Jon Favreau hätte man eigentlich wissen können, dass die Adapation der Adaption – THE JUNGLE BOOK basiert auf dem Zeichentrickklassiker aus dem Jahr 1967, der wiederum auf Motiven der Dschungelbuch-Erzählungen von Rudyard Kipling basiert – sehr actionlastig wird. Leider gelingt es Disney mit seiner seiner „Realverfilmung“, die man hier in Anführungsstriche setzen muss, weil im Grunde fast alles computeranimiert ist, nicht Altes und Neues miteinander zu verbinden. Die Geschichte des Menschenjungen Mogli (Neel Sethi), der unter der Aufsicht der Wölfin Raksha (Stimme von Lupita N’yongo) in einem Wolfsrudel aufwächst und dann vom menschenhassenden Tiger Shir Khan (Stimme von Idris Elba) gejagt wird, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Erzählt wird die Geschichte über eine Off-Stimme von Baghira (Stimme von Ben Kingsley).

©2015 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.
Atemberaubende Optik

Wenn der Film etwas gut gemacht hat, dann ist es die Optik. Bereits ARLO & SPOT von Disneys Pixar-Kollegen hat gezeigt, dass Fotorealismus aus dem Rechner funktionieren kann und auch wunderschön anzusehen ist. Die Landschaftsaufnahmen, die Sonnenuntergänge und grünen Dschungelsettings sind unfassbar detailreich gestaltet und ein großer Genuss für die Augen. Bei den Tieren vergisst man irgendwann völlig, dass sie computeranimiert sind, obwohl sie sprechen. Obgleich es sich bei THE JUNGLE BOOK nicht um ein Musical handelt, wurden „The Bare Necessities“ und „I wanna be like you“ (eingesungen von Christopher Walken, passt perfekt!) in die Haupthandlung integriert, was auf der einen Seite zwar ein Zugeständnis an die Liebhaber der Zeichentrickversion war, auf der anderen Seite auch irgendwie zu gewollt wirkt. Ein weiterer Punkt, den man bei der Optik gleich wieder monieren kann, sind die Propotionen. Mogli wirkt im Vergleich zu allen anderen Tieren unfassbar klein. King Louis, der in der Zeichentrickversion ein Orangutan ist, ist hier ein vier Meter großer → Gigantopithecus. Auch Balu wirkt unwirklich groß. Besonders auffällig wird der Größenunterschied in einer Szene, in der Mogli neben einem Babyelefanten steht. Dieses ist zweimal größer als er, was völlig unrealistisch wirkt. Dennoch wird die Story flüssig erzählt und macht zu weiten Teilen gute Laune.

Zweifelhafte Größenunterschiede – © 2016 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.
Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man ’nen Arbeitskreis.

So spottet der Volksmund über die Ideenlosigkeit ebensolcher Arbeitskreise. Ideenlosigkeit kann man aber weder dem AK Mogli/Balu vorwerfen, wohl aber den Machern des Films. Die Story bietet wenig Neues. Obwohl der Film für Kinder ab 6 Jahren freigegeben ist, ist davon abzuraten, Kinder ab diesem Alter diesen Film ansehen zu lassen. Die Einschätzung der FSK (→ „Einzelne effektvolle Action- und Bedrohungsszenen können für 6- bis 7-jährige Kinder eine Herausforderung darstellen, von einer nachhaltigen Ängstigung ist aber nicht auszugehen: In Mogli finden sie eine starke und mutige Identifikationsfigur, deren fester Zusammenhalt mit seinen tierischen Freunden ausreichend Sicherheit vermittelt.„) ist schlichtweg falsch. Der Film bietet immer wieder packende Kämpfe oder auch der weit aufgerissene Mund der Schlange Kaa, was zu gewalttätig für Kinder in diesem Alter sind. Auch der finale Showdown zwischen Shir Khan und Mogli verkommt nicht zu einem heiteren Finale, sondern zu einer künstlichen Kopie von Scars Tod aus DER KÖNIG DER LÖWEN. Das finale Feuer dient zudem auch nur als Kulisse für den Showdown zwischen dem Menschenjungen und dem Tiger. Es ist statisch und verbrennt auch keine Bäume. Der Schluss zieht sich etwas in die Länge, wird aber mit den dreidimensionalen, liebevoll gestalteten Credits wieder ausgeglichen.

(4.5/6)

Trailer: © Disney Deutschland

7 thoughts on “The Jungle Book (3D, 2016)

  1. Heute m Kino gesehen (und grübele noch, ob ich rezensieren soll). Ohne Frage: optisch ein Genuss, sehr stimmig. Besonders die Szene mit KA, die die Hintergrundgeschichte erzählt, ist herausragend. Selbst die Synchro ist ganz ordentlich gelungen. Was ich mich frage: für wen ist der Film gedacht? Er ist ein Baukasten des Zeichentricks, der die Teile nur anders anordnet. Wer das kurzweilige, leichtgewichtige Animationsabenteuer mochte, wird enttäuscht. Denn leicht und unbeschwingt ist nichts. Und das offenbart seine große Schwäche: Kiplings Story ist im Grunde zu schwach um sie auf 105 Minuten zu dehnen. Und ob die ernste, düstere Herangehensweise als bewusster Kontrapunkt auf einen Film des eigenen Haus richtig mit Blick auf die Zielgruppe richtig war? Ich weiß nicht. Mir war das alles zu strikt in der Ausführung.

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