White House Down (OmU, 2013)

Filme, in denen der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bedroht oder entführt wird, gibt es inzwischen reichlich. Die Herausforderung ist, es jedes Mal wie etwas Neues aussehen zu lassen. Roland Emmerich setzt in seiner Interpretation des bewährten Grundthemas bewusst auf die Empathiekarte. Sein Held heißt John Cale (Channing Tatum), dessen größter Traum es ist, den Präsidenten zu beschützen. Dies liegt hauptsächlich an seiner Tochter Emily (Joey King), die vollkommen politikbegeistert ist, aber ansonsten jeglichen Kontakt zu ihrem Vater abblockt. Um sie positiv zu stimmen, verbindet er ein Vorstellungsgespräch bei der Secret-Service-Agentin Carol Finnerty (Maggie Gyllenhaal) mit einem Familienausflug ins Weiße Haus. Unglücklicherweise steht bald die Kuppel des Kapitols in Flammen und Paramilitärs unter der Leitung von Emil Stenz (Jason Clarke) übernehmen das Weiße Haus. Emily und John werden im Zuge der Evakuierungsmaßnahmen zum Schutz des Präsidenten James W. Sawyer (Jamie Foxx) getrennt. Daraufhin versucht John alles um seine Tochter zu finden und aus der Schusslinie zu nehmen. Dabei kommt er auf die Spur eines Komplotts, das den Präsidenten seiner Macht entheben soll.

© Sony
Wahrzeichen zertrümmern

Roland Emmerich ist dafür bekannt, dass er gerne Wahrzeichen und Symbole in die Luft jagt. Das macht er seit Jahren erfolgreich. Man weiß also, was einen erwartet:  eine Überdosis an Patriotismus gepaart mit ein paar lockereren Sprüchen und einer Materialschlacht, die jede vorherige in den Schatten stellen will. Dies sorgt aber unweigerlich dafür, das alle Figuren wirklich jedem Klischee entsprechen: so gibt es den besorgten Vater mit Kampferfahrung (bitte nicht mit John McLane verwechseln, der ebenfalls im Unterhemdchen gegen Terroristen kämpfte), eine besorgte Secret-Service-Agentin (Frauenquote!), den ambitionierten Obama-gleichen afroamerikanischen Präsidenten, der selbst in der fürchterlichsten Situation noch entspannt bleibt und einen lässigen Spruch vom Stapel lässt,  und eine süße Tochter, die aus irgendwelchen Gründen das Filmende überlebt und einen nuklearen Anschlag mithilfe dem Schwingen der Präsidentenflagge verhindert (Say WHAT?). Die beiden Letztgenannten sind auch der Grund, warum der Film permanent mit Wissenswertem unterfüttert wird: Lincoln hat sich für das Frauenwahlrecht eingesetzt, der Präsident fährt einen 18-Tonnen-Cadillac und 1,5 Millionen Besucher zählt das Weiße Haus pro Jahr. All das wird in die Handlung eingebaut, wirkt aber fremdartig. Als wolle man dem Actionblockbuster noch einen Bildungsanspruch-Stempel aufdrücken. Realistisch wirkt allerdings die Tatsache, das es im Weißen Haus permanent rund geht und deshalb kleinere Gesten wie eine Beileidsbekundung im allgemeinen Gewusel untergehen. Auch wenn das Ende vorhersehbar ist, bleibt der Weg dorthin spannend.

Schauspielerisches Brachland

Channing Tatum ist abgesehen von den zumeist selbst ausgeführten Stunts absolut unglaubwürdig. Direkt in der ersten Szene diskutiert er mit einem Eichhörnchen. Einem Eichhörnchen! Zudem denkt er permanent laut (Das ist mein letztes Magazin!, Ich weiß, da sollte ich jetzt nicht rein, aber egal…), was eher ein filmisches Mittel ist, aber nicht zu seiner Figur passt. Jamie Foxx ist da schon besser, weil er nicht nur überzeugende Reden an die Nation halten kann, sondern wirklich lässig ist. Sawyer ist ein Präsident, der offenbar privat lieber in Sneakern als in blitzblank geputzten Designertretern herumläuft und um den ein oder anderen coolen Spruch nicht verlegen ist. Obwohl es im Film umgekehrt ist, rettet in Sachen Schauspiel Foxx Tatum durch den gesamten Film, da die Chemie zwischen den beiden einfach stimmt. Ansonsten ist alles eine große Materialschlacht. Autos überschlagen sich und landen im Pool. Helikopter fliegen effektvoll unter Brücken hindurch. Man fragt sich, wer das zuerst filmte: Roland Emmerich oder Michael Bay? Der Film will und will kein Ende nehmen. Man kämpft sich von Raum zu Raum. Vom Dach in den Keller und dann wieder nach oben. Glas splittert. Die Air Force One wird abgeschossen. Feuerball folgt Feuerball. So lange bis die Augen schmerzen. Einziger wirklich interessanter Punkt, der vom Film aufgemacht wird, ist die Tatsache, das Film selbst thematisiert wird. So erzählt der Touri-Führer von INDEPENDANCE DAY – ebenfalls ein Film von Roland Emmerich – und die Bösen brechen ausgerechnet über den privaten Kinosaal des Präsidenten in das Weiße Haus ein. Ob uns der Regisseur damit etwas sagen will? Es ist zu bezweifeln. Aber auch die lustigen Szenen mit dem Tourguide Donnie (Nicolas Wright)  können nicht über die überlangen Einstellungen und das furchtbar kitschige Ende hinwegtäuschen.

Wilde überlange Materialschlacht (4/6)

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