Spotlight (2015)

Irgendwie war es schon eine Überraschung, dass SPOTLIGHT bei den diesjährigen Oscars als bester Film ausgezeichnet wurden. Die Konkurrenz war stark. Dennoch zeichnet diese Kategorie die beste Teamleistung aus und die ist in SPOTLIGHT tatsächlich außerordentlich stark. Das Biopic erzählt die Recherche des Missbrauchsskandals in der Katholischen Kirche. Im Jahr 2001 erhält das Redaktionsteam des Bosten Globe einen neuen Chefredakteur. Marty Baron (Liev Schreiber) setzt das Investigativteam von „Spotlight“ auf Fälle von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche an. Nachdem Boston fest in der Hand der katholischen Kirche ist, sträubt sich der Leiter von „Spotlight“ Walter „Robby“ Robinson (Michael Keaton) zunächst gegen den Vorschlag seines neuen Chefs, da er einen großen Widerstand der Kirche erwartet. Doch kaum beginnen Robby und seine Kollegen Michael Rezendes (Mark Ruffalo), Sacha Pfeiffer (Rachel McAdams), Matt Carroll (Brian d’Arcy James) und Ben Bradlee Jr. (John Slattery) mit ihrer Recherche, erkennen sie, dass sie einem viel größeren Skandal auf die Spur gekommen sind. Nicht nur in der Erzdiözese Boston wurden Kinder immer wieder von Priestern missbraucht, die hinterher von Seiten der Kirche gedeckt und versetzt wurden. Viele Opfer schweigen aus Angst. Hoch bezahlte Anwälte lassen sich ihre Einschüchterung von der Kirche fürstlich belohnen. Die kostspielige Recherche der Zeitung droht zu scheitern.

Szenenbild aus SPOTLIGHT - Recherchearbeit - © Paramount Pictures Germany
Recherchearbeit – © Paramount Pictures Germany
Kein Thriller,  aber…

Im Flyer zum Film ist von einem „meisterhaft erzählten und fesselnden Thriller“ die Rede, was effektiv nicht der Fall ist. Wie sagt es der Untertitel des Films so schön: Die Wahrheit steckt zwischen den Lügen. Der Film ist ein ruhig erzähltes Drama ohne eine aufgebauschte Klimax. In vielerlei Hinsicht ist SPOTLIGHT genau das, was der ebenfalls nominierte THE BIG SHORT nicht ist: nüchtern, sachlich, manchmal schon etwas emotionlos. Daher braucht die Story auch eine Weile um etwas in Fahrt zu kommen. Die Geschichte entfaltet dennoch eine enorme Kraft. Besonders wenn etwa Matt Carroll bei der abendlichen Recherche herausfindet, dass sich direkt eine Straße weiter ein Genesungsheim für Pfarrer befindet, die sich des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht haben und dort von der Kirche versteckt werden, bevor sie in andere Gemeinden geschickt wurden. Auch das Geständnis eines Priesters, der gegenüber Sacha Pfeiffer zwischen Tür und Angel den Kindesmissbrauch zugibt, macht fassungslos. Trotz des furchtbaren Themas ist der persönliche Dialog unter den Journalisten gerne auch mal von Ironie und Zynismus geprägt („Keine Demonstranten?“ „Sind wahrscheinlich noch in der Kirche.“).

Szenenbild aus SPOTLIGHT - Sitzungskonferenz: Rachel McAdams, Mark Ruffalo, Brian d’Arcy, Michael Keaton und John Slattery - © Paramount Pictures Germany
Sitzungskonferenz: Rachel McAdams, Mark Ruffalo, Brian d’Arcy, Michael Keaton und John Slattery – © Paramount Pictures Germany
Glaubhafte und fassettenreiche Teamleistung

Im Presseheft wird der Regisseur McCarthy zitiert: „Dies ist kein Film, der versucht, die katholische Kirche in die Pfanne zu hauen.“ Genau das hätte dem Film aber an manchen Ecken gut zu Gesicht gestanden. Lediglich → der Gefühlsausbruch von Mark Ruffalo ist der Sache angemessen. Das wahre Ausmaß des Skandals wird erst kurz vor den Credits deutlich, wenn die Orte in den USA und dem Rest der Welt aufgezählt werden, in denen Kindesmissbrauch von Priestern begangen wurde. Dennoch ist der Film eine filmgewordene Hommage an den investigativen Journalismus, der Zeit und Geld benötigt um seine wahre Kraft zu entfalten. Nicht erst seit 2001 sinken die Absatzzahlen der Zeitungen, die solche Recherchen überhaupt erst möglich machen.

(5/6)

Trailer: © Paramount Pictures

7 thoughts on “Spotlight (2015)

  1. Ich stimme in vielem zu. Allein: ein Drama ist Spotlight denn auch nicht. Es gibt schließlich keine intrapersonellen Konflikte ziwschen den Hauptfiguren. Die agieren untereinander ja kaum, Liebesszenen sucht man vergebens, kein Charakter durchlebt eine Fallhöhe, wird geläutert. Für ein Drama fehlt die (bewusste) Empathie zu den Figuren, einzig die Ruffalo-Darstellung in Teilen.

    Das scheint eine ebenso kluge wie wohlüberlegte Entscheidung gewesen zu sein: Es geht um die Recherche und die Veröffentlichung an sich. Auch so betrachtet steht er „All the President’s Men“ in nichts nach. Dort ist Personendrama nicht zu sehen. Und der Pakula-Film ist alles andere als ein Drama. So sehe ich Spotlight als Thriller.

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