Nie wieder „Who are you wearing?“

Die Oscars schaue ich jedes Jahr live, d.h. ich wache mitten in der Nacht auf, meistens so gegen 3 Uhr und mache meinen Fernseher an. Erst sieht man den deutschen Reporter, der am roten Teppich steht und die Prominenten nach ihren neuen Projekten oder zum Abend im Allgemeinen befragt.  Nach einer kurzen Einleitung wechselt das Programm dann zur ABC und sofort verlieren die Fragen an Qualität. Es scheint inzwischen Tradition zu werden, dass ich jedes Jahr über ein Oscar-bezogenes Thema schreibe, dass mich auf die Palme bringt. Dieses Jahr ist es die Reporterfrage für weibliche Prominente: „Who are you wearing?“ aka „Who did the dress?“ aka „Tell me about your dress.“

Quelle: Youtube/Upworthy

Weibliche Prominente werden andauernd zu ihrem Gewicht, ihrem Aussehen und was es repräsentiert, befragt. Das ist nicht nur total unhöflich, es degradiert fleißige Frauen in der Branche zu Teilnehmerinnen eines Schönheitswettbewerbs. Diese 1-Satz-Antworten („Dolce & Gabanna“, „Valentino“, „Dior“, „Chanel“)  werden der Arbeit, Zeit und Leidenschaft, die diese Frauen das ganze Jahr ihren Projekten widmen, einfach nicht gerecht. Zudem ist der Informationsgehalt im Grunde Null. Ich bin keine Fashionista. Mich kümmern die Kleider überhaupt nicht. Mich interessieren die Frauen, die darin stecken . Eine Filmpreis-Verleihung sollte sich doch um die Filme und um all die Leute vor und hinter der Kamera drehen und nicht um deren Kleidung. Daher habe ich drei Lösungsansätze für das „Who are you wearing?“-Problem erarbeitet.

Genereller Vorschlag für Reporter: Dumme Fragen für alle!

Wenn Sie wirklich dumme Fragen an Prominente richten möchten, dann sollten Sie Frauen und Männer in gleichem Maße nerven. Ein großartiges Beispiel hierfür wäre männliche Prominente mal mit den Fragen zu belästigen, die Frauen immer beantworten müssen.

Quelle: Youtube/BuzzFeedUK

1. Strategie für weibliche Prominente: So tun als wäre man verwirrt

Wenn Sie zu Ihrem Kleid befragt werden oder zu Ihrer Work-Life-Balance, und Sie absolut keine Lust haben, zu antworten, dann  tun Sie so, als seien Sie verwirrt: „Wirklich, ich habe absolut keine Ahnung welchen Designer ich heute trage. Wollen Sie mal nachschauen?“.  Oder einfach mal so tun, als hätte der Reporter Sie zu Ihrer  Arbeit befragt: „Herzlichen Dank für diese Frage. Es gibt ja nicht viele Reporter hier heute abend, die mich zu meiner Arbeit befragen. Demnächst werde ich einen großartigen Film über XY drehen.“

2. Nutze die sozialen Medien als virtuellen Catwalk

Immer wenn ein weiblicher Promi heiratet, ist es inzwischen Normalität geworden, dass über die sozialen Netzwerke ein Bild der Braut und ihres Designers veröffentlicht wird. Das Gleiche wünsche ich mir auch im Vorfeld der Oscars. Es wird die Fashionistas zufriedenstellen und die Qualität der Fragen am roten Teppich verbessern.  Im letzten Jahr hat das u.a. Reese Witherspoon so ähnlich schon gemacht (siehe → Tweet).

3. Holt die Männer mit ins Boot – Kombiniere „HeForShe“ und „#AskHerMore“

Es gibt da zwei Kampagnen, die noch relativ neu sind und perfekt zusammenpassen. HeForShe ist eine Solidaritätskampagne für die Gleichberechtigung der Geschlechter initiiert von UN Women. Das Ziel ist, Jungen und Männer dazu zu bewegen, sich für die Gleichberechtigung von Frauen und deren Rechte einzusetzen. Die #AskHerMore-Kampagne soll Reporter ermutigen bessere Fragen an weibliche Prominente zu stellen. Eine Kombination aus beiden würde bedeuten, dass jeder Mann seine weibliche Begleitung vor Fragen dieser Art bewahrt. Ich würde es absolut großartig finden, wenn mal ein Mann zu einem Reporter sagen würde: „Wie können Sie sie das nur fragen? Sie ist kein laufender Kleiderständer. Sie ist meine Freundin/Verlobte/Frau/die Liebe meines Lebens. Sie ist talentiert, klug und schön, ganz egal, was sie trägt.“ Wenn jeder Mann auf dem roten Teppich so agieren würde, wäre die Frage nach dem Designer innerhalb von zwei Jahren Geschichte.

Quelle: Youtube/HeForShe

Quelle: Youtube/The National (CBS)

6 thoughts on “Nie wieder „Who are you wearing?“

  1. Hi.Du sprichst mir aus der Seele. Diese Fragen nach den Designern nerven total. Auf der anderen Seite sind die Frauen in dieser Nacht tatsächlich so etwas wie lebendige Kleiderständer. Sie werden ausgestattet mit teuren Kleidern und noch viel teurerem Schmuck. Und wenn sich eine in h&m hintraut, ist das ebenfalls eine Nachricht. Ich frage mich immer nur, was das mit Filmen zu tun hat.

  2. Mich nerven diese “Who are you wearing?“ Fragen auch total… Wen interessierts?! Offenscihtlich einige, aber mich nicht. Zudem ist es ganz schön billige Werbung für die ganzen A-List Designer…

    Aber leider gehören diese oberflächlichen Fragen zu den Oscars. Was man bzw. frau auf dem roten Teppich trägt scheint fast schon wichtiger zu sein, als ob man nominiert ist oder nicht.

    Das erste Video ist ja total witzig, schöne Idee. 🙂

  3. Aaaawweee, wie Nick Cave auf die Fragen reagiert ist schon niedlich.
    Wenn man mich so einen Scheiß fragen würde, würde ich wahrscheinlich spontan über irgendwas spannendes reden und so tun als hätte man mich etwas ernsthaftes gefragt. Einfach so wie die:

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