Irrational Man (OmU, 2015)

Woody Allen schlägt ungewohnt ernste Töne an. Der Nachfolger vom großartigen BLUE JASMINE und dem luftig-leichten MAGIC IN THE MOONLIGHT ist erschreckend witzloser als man das von seinen Filmen gewohnt ist. Es ist anzunehmen, dass Allen, der sich bekanntermaßen für Philosophie interessiert, in Abe Lucas eine Art Alter Ego erschaffen hat. Denn der berühmte Philosophieprofessor Abe Lucas (Joaquin Phoenix), der neuerdings am fiktiven Braylin College in Newport unterrichtet, steckt mittendrin in einer Lebenskrise. Der ehemalige Idealist und Wohltätigkeitsarbeiter ist nun der Meinung, dass sich durch karitative Arbeit nichts ändert. Auch sein Fachgebiet, die Philosophie, hält er  für „verbale Masturbation“. Lucas‘ guter Ruf führt schon nach kurzer Zeit zu Annäherungsversuchen durch die verheiratete Kollegin Rita Richards (Parker Posey). Zeitgleich entwickelt sich auch eine platonische Freundschaft zwischen Abe und dessen Studentin Jill Pollard (Emma Stone), die dessen mangelnde Lebensfreude nicht nachvollziehen kannn. Gleichzeitig ist sie aber fasziniert von dieser Mischung aus Genie und Wahnsinn. Durch Zufall belauschen sie das Gespräch einer Frau, die Angst hat, ihre Kinder durch das Urteil eines korrupten Richters zu verlieren. Abe beschließt daraufhin, den Richter zu töten, da niemand Verdacht schöpfen würde, weil er kein Motiv hat. Außerdem würde die gute Tat seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Abe blüht daraufhin auf und lässt sich auf eine Beziehung mit Jill ein, die sich von ihrem langzeitigen Freund Roy (Jamie Blackley) trennt. Nach dem Tod des Richters beginnt Jill langsam Verdacht zu schöpfen, das Abe hinter dem Mord steckt, was sie unweigerlich in Gefahr bringt.

Szenenbild aus IRRATIONAL MAN - Roy (Jamie Blackley) und Jill (Emma Stone) - © 2015 GRAVIER PRODUCTIONS, INC. / Warner Bros.
Roy (Jamie Blackley) und Jill (Emma Stone) – © 2015 GRAVIER PRODUCTIONS, INC. / Warner Bros.
Der unperfekte Mord

In einer SPIEGEL-Rezension wurde das Problem des Films prägnant auf den Punkt gebracht: → „als Krimi unglaubwürdig, als Liebesgeschichte absurd und als Komödie komplett unlustig“. Jill und Abe erklären mittels Off-Kommentare ihre Gefühle füreinander anstatt dem Zuschauer die Einordnung ihrer Beziehung zu überlassen. Emma Stone spielt Jill völlig naiv. Obwohl sie offenbar eine intelligente Studentin spielt, dauert es viel zu lange, bis sie erkennt, das Abe für den Tod des Richters verantwortlich ist. Dieses Wissen nutzt sie allerdings nicht um zur Polizei zu gehen, sondern lässt ihren Freund erst einmal machen. Auch Rita ist, obwohl sie wesentlich älter ist und über mehr Lebenserfahrung verfügen sollte, unglaublich naiv und  romantisch. Sie wünscht sich, Abe würde mit ihr nach Spanien auswandern.  Joaquin Phoenix‚ Abe überzeugt dagegen. Die Niedergeschlagenheit, aber auch die Transformation zur Freude am Leben macht beim Zusehen große Laune. Während die Frauenfiguren von einem besseren Leben träumen, ist er ein „Mann der Tat“ – ein Rollenbild, das man durchaus infrage stellen muss. Fragen der Moral und Ethik werden immer nur angerissen. Die Hauptfrage, nämlich, ob Mord ethisch vertretbar sei und in bestimmten Fällen auch die richtige Option ist, bleibt unbeantwortet.

Szenenbild aus IRRATIONAL MAN - Auch Rita (Parker Posey ) ist von Abe fasziniert - © 2015 GRAVIER PRODUCTIONS, INC. / Warner Bros.
Auch Rita (Parker Posey ) ist von Abe fasziniert – © 2015 GRAVIER PRODUCTIONS, INC. / Warner Bros.
Ungereimtheiten

Die locker-flockige Jazzmusik passt so gar nicht zum ernsten kriminallastigen Plot. Leider vermiesen zahlreiche Ungereimtheiten in der Narration  den Kinogenuss. Obwohl mehrfach darauf hingewiesen wird, das Beziehungen zwischen Professor und Studentin verboten sind, wird die Beziehung von allen geduldet. Zudem fragt man sich, warum Jill Abe schützt und nicht gleich zur Polizei geht. Weiter ist auch das Verhältnis zwischen Rita und Jill nicht geklärt. Beide haben etwas mit Abe am Laufen, wissen auch voneinander, behandeln sich aber wie beste Freundinnen. Nach dem Mord des Richters plätschert die Handlung so dahin. Das Ende ist weitestgehend vorhersehbar, kennt man Allens THE PURPLE ROSE OF CAIRO. Hier flüchtet sich die unglückliche Kellnerin Cecilia in die Scheinwelt des Films. Immer wieder schaut sie sich den Film „The purple rose of Cairo“ mit ihrem Lieblingsschauspieler an, der eines Tages von der Leinwand herunterkommt um von nun an Zeit mit ihr zu verbringen. Doch das Glück ist den Beiden nicht vergönnt. Er muss wieder zurück auf die Leinwand und Cecilia kehrt zurück in ihr trostloses Leben. IRRATIONAL MAN endet ähnlich. Das Glück von Jill und Abe ist nur von kurzer Dauer. Der Spaß am Film für den Zuschauer auch.

Kein Mordsspaß (3.5/6)

Trailer: © Warner Bros.

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