Big Eyes (OmU, 2014)

Keine Angst, versicherte der Vertreter von Studiocanal vor Filmbeginn beim Berlinale-Screening, der Film sei zwar von Tim Burton, aber Johnny Depp spiele hier nicht mit. Gott sei Dank, schließlich habe der letzte Film (MORTECAI) den Verleih „finanziell geschmerzt“. Aber nicht nur Johnny Depp fehlt, sondern auch alle anderen Burton-typischen Elemente: kein Grusel, keine dunklen Farben, kein Fantasyfilm. Diesen Wandel, wenn man ihn denn so nennen will, lässt sich darauf zurückführen, das er ein großer Bewunderer der Protagonistin ist. Das Biopic erzählt die Geschichte von Margaret (Amy Adams), die im San Francisco der 60er Jahre lebt. Die geschiedene und alleinerziehende Mutter einer Tochter malt für ihr Leben gern und lernt beiläufig den Maler Walter Keane (Christoph Waltz) kennen. Der ist von ihrem außergewöhnlichen Malstil, Kinderportraits mit übergroßen Augen, völlig begeistert. Margaret glaubt in Walter einen Seelenverwandten gefunden zu haben und beide heiraten. Weil aber keiner die Kunstwerke der zurückhaltenden Margaret ausstellen will, übernimmt der brilliante Geschäftsmann Walter das Promoten und Verkaufen und gibt Margarets Kinderportraits kurzerhand als eigene aus. Der Nachname sei ja schließlich der Gleiche. Durch Nachdrucke und Postkarten der großäugigen Kinderportraits machen die Beiden ein Vermögen. Doch es nagt an Margaret ihr Umfeld immer wieder zu belügen und Walter setzt sie zunehmens unter Druck. Sie wagt es schließlich sich von ihrem Mann zu trennen und der Öffentlichkeit zu beweisen, das sie die wahre Urheberin der Bilder ist.

Szenenbild aus BIG EYES - Walter und Margaret Keane im Streit - © Studiocanal
Walter und Margaret Keane im Streit – © Studiocanal
Big Lies

Der Film erzählt die interessante Geschichte mithilfe eines Voice-Overs, von dem man über weite Teile nicht weiß, wer denn jetzt erzählt; dies sorgt für eine spannungsreiche Narration. Manche Teilaspekte der Geschichte hätte man sicherlich noch näher und ausführlicher beleuchten können. So bleibt der Film vage, warum sich Margaret nicht viel früher von ihrem Mann getrennt hat und warum sie die Vereinnahmung ihres Mannes lange Zeit zuließ. Natürlich lässt sich das mit der Sorge um ihre Tochter und dem Geldsegen durch Walters Verkaufskünste erklären, aber auch das gängige Frauenbild zu dieser Zeit schien offenbar einen Einfluss auf Margaret zu haben. Denn Margaret repräsentierte die typische Hausfrau, die sich ihrem Mann unterordnete und seinen Anweisungen Folge leistete. Die viel größeren Fragen wirft aber Walter auf, der 2000 verstarb und deshalb für Informationen nicht zur Verfügung stand. Sein verzweifeltes Aufrechterhalten des Systems bis zum bitteren Ende, das absolute Nichteingestehen seines Fehlverhaltens sorgt beim Zuschauer für Abscheu, aber auch für großes Unverständnis. Auch die Tatsache wie zur damaligen Zeit der Kunstmarkt funktionierte, nämlich als ein elitäres, intransparentes Vergnügen, und wie Walter das System mit Nachdrucken und Postkarten veränderte, reißt der Film nur am Rande an. Gelungen sind Locations, Kostüme und die Traumsequenz, in der Margaret bei einem Einkauf nur noch Menschen mit übergroßen Augen sieht.

Szenenbild aus BIG EYES - Walter (Christoph Waltz) und Margaret Keane (Amy Adams) - © Studiocanal
Walter (Christoph Waltz) und Margaret Keane (Amy Adams) – © Studiocanal

Während Amy Adams die Rolle solide und gefühlvoll spielt, übertreibt Christoph Waltz häufig. Sein falsches Lachen und seine übertriebene Freundlichkeit sind teilweise sicherlich auch gewollt und passen zum Bild des erfolgreichen Verkäufers.  Waltz glänzt besonders mit dieser schmierigen Art und fulminanten Wutausbrüchen. Das Highlight des Films ist definitiv die Szene im Gericht, in der Walter alles auf eine Karte setzt und sogar auf einen Rechtsbeistand verzichtet. Als Anwalt und Beschuldigter in einer Person rennt er immer wieder zwischen Tisch und Zeugenstand hin und her, bis der Richter das absurde Treiben abbricht. So ganz mag man Waltz und Adams die Chemie zwar nicht ganz abnehmen, was aber aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses der beiden aber nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Spannendes Biopic (4.5/6)

© Studiocanal Germany

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