Beauty and the Beast (OV, 2017)

Keine Frage, aus finanzieller Sicht macht Disney derzeit sicherlich derzeit vieles richtig. Die Strategie, Zeichentrick-Klassiker wie CINDERELLA oder DAS DSCHUNGELBUCH als Realverfilmungen in die Kinos zu bringen, zahlt sich aus. Das Publikum stürmt die Kinosäle und gibt fleißig Geld aus. So auch ich. Wenn auch mit einem schlechtem Gewissen. Auf der einen Seite möchte ich gerne qualitativ hochwertige Filme sehen und die liefert Disney meistens. Auf der anderen Seite möchte ich kein System mit meinem Geld unterstützen, dass nur noch alte Ideen neu aufträgt statt neue Ideen zu entwickeln, auch auf die Gefahr hin, dass sie scheitern. Jetzt wäre die beste Zeit um Experimente zu machen. Und wer könnte das, wenn nicht ein Konzern wie Disney, wo nicht die Existenzgrundlage des ganzen Unternehmens am Erfolg oder Misserfolg eines einzigen Films hängt? Die Frage lasse ich einfach mal so im Raum stehen und wende mich der neusten Disney-Märchen-Realverfilmung zu. Nachdem Christoph Gans vor drei Jahren eine wirklich mittelmäßige Interpretation der Geschichte in die Kinos brachte, die mich schwer enttäuschte, hatte ich große Erwartungen.

Die Geschichte ist nicht neu. Die belesene Belle (Emma Watson) lebt mit ihrem Vater (Kevin Kline) in einem kleinen französischen Dorf. Obwohl Belle von allen Dorfbewohnern als sonderbar und unkonventionell bezeichnet wird, möchte der Schönling Gaston (Luke Evans) sie heiraten. Doch die schöne Belle will nicht und erteilt ihm immer wieder Absagen, was Gaston aber nicht davon abhält, es weiter zu versuchen. Als ihr Vater in die Gefangenschaft eines Ungeheuers (Dan Stevens) gerät, macht sich Belle auf um ihn zu befreien. Sie landet im Kerker eines verwunschenen Schlosses. Der Vater kann fliehen. Bald macht Belle nicht nur Bekanntschaft mit der Uhr (Ian McKellen), dem Kronleuchter Lumiere (Ewan McGregor) und der Teekanne Mrs. Potts (Emma Thompson) sondern auch mit dem haarigen Schlossherrn.

It’s fairy tale time… again!

Mit der dunklen Fee MALEFICENT fing alles an. Millionen Kinobesucher strömten in die Kinos und bescherten Angelina Jolie den besten Kinostart ihrer Karriere. Seitdem arbeitet Disney konsequent an der Aufbereitung von Zeichentrick-Klassikern. Jetzt folgt DIE SCHÖNE UND DAS BIEST. Und auch wenn die Version von Bill Condon gut unterhält, muss man ihm gleichzeitig vorwerfen, dass er sich zu nah an die Vorlage hält. Viele Szenen sind 1:1-Kopien, was die Frage aufwirft, was denn so neu an dieser Neu-Verfilmung ist. An mehreren Stellen hätte man die Handlung schneller erzählen können. Dieses Gefühl mag vielleicht auch daran liegen, dass die Geschichte schon so bekannt und im Grunde auch schon ausgelutscht ist. Jeder weißt doch wie der Film ausgeht, besonders, wenn sich der Regisseur mit Innovationen so stark zurückhält. Die drei neuen Lieder, die extra neu für den Film komponiert wurden, müssen ebenfalls irgendwo untergebracht werden, was zu mehreren Längen – insbesondere im ersten Drittel – führt.

Der Skandal, der keiner ist

Es gibt wirklich wenig Szenen, die tatsächlich neu und unerwartet daherkommen. Die Idee mit dem schwulen Le Fou (was ja in mehreren Ländern zu Diskussionen führte, ob man den Film zeigen soll) finde ich wirklich gelungen und passend. Jeder, der halbwegs liberal eingestellt ist, wird sowohl den Film als auch die Nachrichten über Boykottaufrufe im Ausland mit einem entspannten Achselzucken zur Kenntnis genommen haben. Und Disney freut sich über die kostenlose Promotion. Für mich war es die viel größere Überraschung, dass das Personal im Schloss und die Bewohner des Dorfes überraschend viele verschiedene Hautfarben haben. Die Hauptrollen sind zwar nach wie vor hellhäutig, aber die Nebenrollen und Statisten bieten durchaus die Diversity, die von der Filmindustrie in den letzten Jahren verlangt wurde. Aber nochmal kurz zurück den Hauptrollen: Emma Watson als Belle ist absolut hinreißend und tatsächlich eine Idealbesetzung. Der Rest des Castes wirkt aber stark überzeichnet und teilweise unnatürlich. Besonders Luke Evans als Gaston fiel mir negativ auf. Er wirkt eher wie eine Karikatur und dieses gekünstelte Machogehabe geht einem recht schnell auf den Zeiger. Das lebendige Mobiliar im Schloss wirkt – besonders im direkten Vergleich zur Zeichentrickvorlage – seelenlos. Und hier zeigt sich auch ein weiteres Mal, dass Special Effects und computeranimierte Figuren nicht zwangsläufig lebendig wirken. Auch Dan Stevens‚ Biest wirkt aufgrund der Special Effects-Maske teilweise recht statisch.

4.5/6 bzw. 7.5/10

Trailer: © Disney Germany

7 thoughts on “Beauty and the Beast (OV, 2017)

  1. Ich fand es eigentlich auch recht überraschend und gut, dass man die Nebenrollen so multikulturell gestaltet hat.

    Allerdings kann ich dir nicht zustimmen, dass das Mobiliar hier „seelenloser“ wirkt, vorallem nicht im direkten Vergleich mit der Vorlage und die Überzeichnung der Charaktere hat mich jetzt nicht weiter gestört… der Film will ja nicht unbedingt realistisch sein, das sieht man ja auch an dem ganzen Setting das zu künstlich wirkt um wahr zu sein. Hat also schon zur Art des Films gepasst.

    Mir tat eher die Synchronisation weh, die vor allem am Anfang ja kein bisschen aufs Bild gepasst hat.

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